Der Glaube und ein Schwulenclub

19. Januar 2014
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Wir machen uns heute selbst ein wenig Tapas oder essen zumindest daran angelehnt. Oliven, Chorizo, Käse, Toast. Dann gehen wir einkaufen, weil kaum noch was da ist. Im Anschluss gibt es noch Mozzarellatomaten.
Dann ist es Zeit für einen Besuch in der Kirche. Ich wurde streng gläubig erzogen und dazu gehörte auch der Kirchgang, drei mal pro Woche. Ich glaube aber nicht an die Institution Kirche, daher habe ich das abgelegt. Ich bin sehr unsicher, ob ich mitgehen möchte. Ich unterliege noch den Dresscodezwängen aus Deutschland, mein Bruder sagt hier ist das völlig egal. Ich fahre also zumindest mal mit, gehe aber davon aus, nicht den Gottesdienst zu besuchen. Auf dem Weg werde ich sehr unruhig. Ich habe das Gefühl, in den Gottesdienst zu gehen wäre falsch, Institution Kirche doch mein Problem. Aber warum mache ich immer alles zum Problem. Ich halte es für besser, wenn ich mir eine Kirche suche, ein Gebäude, und dort für mich selbst Zwiesprache mit Gott suche und halte. Dann kommen wir an Adrians Gemeinde an und plötzlich ist alles ganz einfach. Ich gehe einfach rein, werde warmherzig empfangen und fühle mich doch verloren. Schon im Auto habe ich immer wieder Tränen in den Augen. Auch vor Beginn des Gottesdienstes und beim Gebet wische ich mir immer wieder die Tränen weg. Der Gottesdienst wird auf Spanisch gehalten, und da viele deutsche Urlauber anwesend sind, übersetzt mein Bruder den ganzen Gottesdienst ins Deutsche. Ich beginne mich wohl zu fühlen, es ist so viel Lebensfreude und Vertrauen in diesem Raum, die Energie ist sehr positiv und ich kann sie aufnehmen. Hinterher bin ich dankbar. Direkt neben der Kirche trinken wir noch ein Bier zusammen und fahren dann zurück.
Der geplante Abend – Losziehen mit Fabi – fällt ins Wasser und ich bin gar nicht böse darüber, ist mir doch immer noch mehr nach Zurückziehen. Ich will aber auch noch nicht zuhause sitzen oder schlafen gehen und schlage vor, dass wir noch am Maritimo was trinken gehen. Unsere erste Bar ist absolut leer, aber fühlt sich toll an. Es entwickelt sich über mehrere Bars hinweg ein toller und sehr offener Abend, der meinen Bruder und mich intensiver verbindet und uns beide weiter füreinander öffnet. Zudem betrete ich zum ersten und vermutlich auch zum letzten Mal (weil Frauen da eigentlich gar nicht hin dürfen) den Darkroom eines Schwulenclubs.
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Ich gehe um sechs Uhr morgens ins Bett, Adrian fährt auf dem Dach noch runter. Ich stehe kurz nachdem er ins Bett geht wieder auf, surfe ein bisschen, bin ruhig. Mein Buch habe ich fertig gelesen. Adrian war länger wach und ich lasse ihn schlafen. Dann kuschle ich mich wieder ins Bett und er wacht davon auf. Wir gehen spazieren am Paseo Maritimo entlang, in die entgegengesetzte Richtung vom Strand. Da sind wir auch zu dritt spaziert und ich erinnere mich auch an den Gesprächsinhalt auf dem Weg. Es ging darum, an sich zu arbeiten. Aber das ist gerade nicht wichtig, es zählen nur Adrian und ich und die Stimmung zwischen uns. Die Luft ist rein. Wir stoppen in einer Bar und trinken Naranja und Tonic Water. Als mein Bruder Letzteres bestellt muss ich lachen, denn am Tag zu vor sprachen wir noch davon, dass Tonic Water nur brauchbar ist als Ginmixgetränk und wenn man einen Kater hat. Er hat also einen, ich bin wieder fit. Auf dem Rückweg kaufen wir kurz ein, wir wollen uns auch heute wieder Tapas selber machen. Es gibt also einen reich gedeckten Tisch. So reich, dass wir die Hälfte mit Folie abdecken und ich den Kühlschrank packen, reicht für morgen auch noch. Relativ kurz nach dem Essen muss Adrian arbeiten und ich gehe joggen.
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Wieder am Maritimo entlang, aber die gleiche Strecke, die wir spazieren waren. Adrian hatte erzählt, dass er da vor einer Weile auch joggen war. Ich jogge mit angenehmen Tempo, spüre meinen Muskelkater nicht mehr. Auf dem Rückweg wechsle ich ab zwischen langsamen Phasen und sehr schnellen Phasen. Insgesamt laufe ich knapp vier Kilometer. Den Rest spaziere ich dann zurück. Dann dusche ich und kuschle mich mit dem Netbook ins Bett. Ich habe von Adrian Lesestoff bekommen. Ich lese bis kurz vor halb Drei und dann bin ich fertig,  im wahrsten Sinn des Wortes. Ich lege das Netbook nur noch eben auf den Boden und schlafe ein.
Adrian kommt früh nachhause und legt ich schlafen. Auch ich schlafe weiter. Ich stehe gegen Mittag auf und mache mich fertig. Ich packe meine Sachen so, dass Adrian meine komplette Reisetasche befüllen kann und meine Sachen alle komplett in meinem Handgepäck sind. Er wird in wenigen Wochen zurück nach Deutschland ziehen, so dass diese Tour auch eine Art Abschied von der Insel war. Dann gehe ich los, ich möchte noch zwei Geocaches machen. Der erste führt mich auf die Stadtmauer. Hier war ich natürlich auch mit ihr, aber auch das ist gerade okay, ich denke nur kurz daran. Den Cache finde ich schnell und trage mich ein, logge auch gleich online per Handy. Dann weiter zum nächsten Cache, auch der ist leicht zu finden und ich logge. Dann laufe ich auf der Boots-Seite zurück. Dort verweile ich noch ein wenig und als es 14 Uhr ist gehe ich zurück nachhause, Adrian wecken. Wir frühstücken zusammen und laufen dann in Richtung Kathedrale. Ich kaufe dort noch Ansichtskarten und wir setzen uns in ein Café. Es gibt Cafe con Leche und ich schreibe die Karten. Sie sind für meine Omas, die von jedem Trip eine Karte bekommen. Einen Gecko zum Aufhängen für mein Wohnzimmer habe ich mir auch noch gekauft.
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Adrian fährt mich zum Flughafen, ich checke mein/sein Gepäck ein. Der Flughafen ist total leer. Wir verabschieden uns nach einem Kaffee und dann geht es zurück nachhause.

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