Die Stadt der Liebe heißt jetzt Prag!

11. März 2015
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Als das Fernweh langsam (eigentlich stimmt das gar nicht, eher sehr schnell) unerträglich wurde, kam uns ein Groupon-Angebot wie gerufen. Carina entdeckte eine Übernachtung in Prag mit Drei-Gang-Menü zum Preis von 79 Euro und schlug sofort zu. Die Übernachtung alleine hätte 72 Euro gekostet laut diversen Buchungsportalen und für das Menü hätten wir noch mal 15 Euro pro Person extra hingelegt. Also doch ein bisschen Geld gespart. Ein Zeitraum war schnell gefunden, wir wollten in Prag ihren Geburtstag rein feiern. Das kann man wohl einen angemessenen Rahmen nennen.

Ich war für die Buchung der Fahrt zuständig, was am einfachsten, schnellsten und zeitlich passendsten mit dem IC Bus der Deutschen Bahn funktioniert. Zwar mussten wir ein paar Euro mehr hin legen als bei anderen Billigbusunternehmen, doch fuhren die Busse zu vernünftigen Zeiten, so dass wir trotz nur einer Nacht 26 Stunden in Prag verbrachten. Es wäre auch noch ein bisschen mehr möglich gewesen, doch am Abend sollten zuhause Freunde zu Besuch kommen.

Samstag früh um kurz nach 7 ging es per Straßenbahn zum Hauptbahnhof und rein in den Bus. Es gab noch ein paar freie Plätze, doch die vor uns waren leider besetzt. Besetzt mit ein paar Männern aus dem Nahen Osten. Ich kann nicht sagen, woher sie genau kamen, denn die Sprache war für mich nicht zuzuordnen. Geheuer waren sie mir jedoch nicht. Das lag nicht daran, dass sie aus dem Nahen Osten waren sondern daran, dass sie sich komisch verhielten. Einer wechselte mit einem anderen den Platz, weil sich ein weibliches Wesen neben ihn setzte, das er abfällig musterte. Neben einer Frau zu sitzen war für ihn wohl nicht tragbar. Von Rücksicht keine Spur, die Handys waren allesamt auf voller Lautstärke und bimmelten andauernd. Und: den größten Teil der Fahrt wurden diverse Videos auf Youtube angesehen, Reden von Saddam Hussein und Osama Bin Laden. Alles in Allem eine nicht gerade prickelnde Gesellschaft für ein homosexuelles Pärchen.

Irgendwann war ja aber die Fahrt vorbei, und sobald man die Außenbezirke durchquert hat, konzentriert man sich sowieso auf das, was sich außerhalb der Busfenster abspielt. Am Prager Hauptbahnhof stiegen wir aus, zogen tschechische Kronen im Bahnhof und machten uns dann zu Fuß auf in Richtung Wenzelsplatz.

wenzelsplatz01 Wenzelsplatz02

Dort findet man nicht nur eine Art Flaniermeile und eine Statue sondern auch historische und politische Informationen über die Zeit des Warschauer Pakts und deren Opposition und auch, wie damals mit Opposition umgegangen wurde. Da rollten dann bei einer Demo mal eben die Panzer an und walzten alles nieder, was nicht freiwillig verschwand. Heute in unserer Gesellschaft kaum vorstellbar, auch wenn es andernorts nach wie vor so abläuft.

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Am Ende des Wenzelsplatz war es Zeit für ein Mittagessen. Was liegt da näher als eine Klobasa? Ich glaube, ich habe bei jedem meiner Aufenthalte in der tschechischen Republik seit ich selbstständig auf Reisen bin eine Klobasa gegessen. Das liegt zum Einen daran, dass sie im Stadion die gängige Mahlzeit ist und zum Anderen, dass ich sie wirklich gerne mag. Zwar ist sie ziemlich fettig und triefig, aber auch extrem würzig und somit sehr lecker. Ich wählte die scharfe Variante mit Zwiebeln, Carina probierte bei mir und wählte dann die nicht scharfe Variante mit Kraut. Dabei stellte sich heraus, dass das Kraut deutlich besser passte als die Zwiebeln, meine Wurst aber um Welten leckerer war. Auch aß ich meine Wurst mit Senf und Carina ohne, was sich später als Fehler heraus stellte. Carina hat die Wurst nicht so hundertprozentig vertragen. Ich hatte keine Probleme, war sie wohl schon gewohnt. Ich kann mich erinnern, dass es auch mir nach dem ersten Genuss einer Klobasa so ging, dass sie mir etwas schwer im Magen lag.

klobasa

Nach unserem gehaltvollen Mittagessen liefen wir noch ein paar Schritte und entschieden uns dann aus Zeitgründen, eine Ubahnfahrt einzulegen. An der Karlsbrücke stiegen wir wieder aus und genossen die Atmosphäre am Wasser. Direkt an der Brücke gab es zwei kleine Törtchen, weil man für die Toilette großes Geld wechseln musste. Beide lecker! Im Anschluss schlenderten wir über die Brücke, und auch dieses Mal fand ich Nepomuk am schönsten und Carina stimmte mir zu.

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Am Ende der Brücke bestiegen wir wieder die U-Bahn, um mal im Hotel einzuchecken. Wir beide hatten im Vorfeld Bewertungen gecheckt, obwohl das eigentlich nicht unsere Art ist. Die Beurteilungen auf booking.com ergaben 4 von 5 Sternen und auch auf Facebook kam das Hotel ganz gut weg. Ich mochte einen Kommentar besonders, der von postsowjetischem Charme sprach, und das trifft es recht gut. Wir hatten ein Superior Zimmer. Ich kann nicht sagen, wo in dem Zimmer sich das Superior versteckte, aber das Zimmer war gut. Es war ordentlich, sauber und in gutem Zustand. Zwar war alles nicht nagelneu, doch in einem absolut ordentlichen Zustand.

Nach einer kurzen Pause ging es wieder los, wir stiegen in die Straßenbahn und fuhren in Richtung Burg. Eigentlich wollten wir auch durch den Royal Garden, den ich von einem früheren Besuch kenne. Er lohnt sich wirklich, doch er öffnet erst im April. Durch zwei Tore konnte man ein paar Blicke erhaschen, aber viel ging nicht. Also liefen wir an der hohen Mauer entlang bergauf bis zum Ende des Gartens und um ihn herum, um auf den Weg zur Burg auf der anderen Seite zu kommen.

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Am Eingang war durch Zufall gerade Wachwechsel. Auch letztes Mal hatte ich es geschafft, durch Zufall zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, und heute sollte sich das also wiederholen. Ich mag die Prager Uniformen. Sie sehen nicht so albern aus wie zum Beispiel die englischen und nicht so unförmig wie zum Beispiel die luxemburgischen. Auch die Burg selbst wusste zu gefallen und die Kathedrale, die sich innerhalb der Gemäuer befindet.

Und dann kamen wir an eine ganz tolle Stelle. Von hier oben hat man den Blick über die ganze Stadt. Es war während der Dämmerung, daher war es recht schwierig, das Ganze ordentlich zu fotografieren. Doch die Lichtverhältnisse hatten auch sein Gutes, wenn man den beleuchteten Weg und alles drum herum fotografieren wollte. Hier entstand auch mein Lieblingsbild des Trips. Den jungen Mann hab ich schon mal fotografiert, aber nicht mit diesen Lichtverhältnissen.

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Da die Klobasa bei Carina überhand nahm, wurde es Zeit für ein Kontrastprogramm. Wir kehrten in einem kleinen Café auf dem Weg an der Mauer entlang zurück in die Stadt ein und es gab für Carina eine Hot Chocolate und für mich in Ermangelung einer auf der Karte stehenden weißen Schokolade einen algerischen Kaffee, mit Eierlikör. Beides mundete wohl, wirkte und die Location war auch nicht die schlechteste.

Dann wurde es Zeit für unser Menü, also kehrten wir zu Hotel zurück und machten uns etwas chic. Im stilvollen Speisesaal wählten wir einen Tisch und erhielten die Karte zum Menü. Bei jedem Gang konnten wir aus zwei Gerichten wählen und ein Getränk war inklusive. Wir wählten Weißwein, das war schnell erledigt. Bei den Speisen versuchen wir immer, möglichst alles mit zu nehmen und zu teilen, doch das erwies sich hier als nicht ganz möglich.

hotelrestaurant

Carina wählte den Feta-Salat als Vorspeise und ich die Suppe des Tages, die sich als Frankfurtska erwies – einer roten Suppe mit Wursteinlage. Nicht gerade die beste Wahl, wie ich finde, zumindest nicht in einem gehobeneren Haus. Geschmeckt hat sie aber gut. Gleiches gilt für Carinas Salat mit Himbeerdressing. Ich liebe Obstdressing, und so bereute ich recht schnell, nicht auch den Salat gewählt zu haben, der wirklich sehr gut war. Im Hauptgang entschied sich Carina für die Hähnchenbrust auf Gemüse mit Pommes und ich für den Heilbutt auf Gemüse mit Kartoffeln. Die Hähnchenbrust sah recht trocken aus, war aber in Ordnung. Das Gemüse auf dem Teller bestand aus zwei Scheiben Zucchini. Das halte ich für einen guten Witz. Die Pommes waren ziemlich matschig. Der Fisch war leider mit Zitrone beträufelt. Ich weiß, dass die meisten Leute das so machen, aber für gewöhnlich hat man eine Scheibe Zitrone auf dem Teller und kann selbst entscheiden, ob und wie viel Zitrone auf dem Fisch ist. Ich mag Zitrone auf dem Fisch nicht. Mein Gemüse war relativ ölig, die Kartoffeln waren aber gut. Die Nachspeise war gleich, denn bei der Wahl zwischen Apfelkuchen und Schokoladenkuchen war völlig klar, dass wir uns Beide für den Apfelkuchen entscheiden. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Kuchen frisch war oder einer Backmischung entsprang, aber zumindest war er nicht schlecht. Das beste am Menü war eindeutig der Wein! Wir hatten natürlich das Glück, für das Menü kaum etwas bezahlt zu haben. Hätte ich das Menü aber im Hotel extra dazu gebucht, wäre ich sehr enttäuscht gewesen.

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Kurz nach dem Essen begann dann bei mir, was Carina am Nachmittag erlitt. Ich hatte das Gemüse nicht vertragen und versuchte, den immer wieder auftauchenden Geschmack mit Fanta, Cola und Twix zu übertönen. Wir wollten schließlich nochmal los ziehen. Wir gingen auch, doch den ganzen Abend begleitete mich das Gemüse.

Im letzten Jahr hatte ich auf der ITB einen Pride-Guide für Prag ergattert, der nun zum Einsatz kam. Wir wollten nicht irgendwo hin sondern ein bisschen regenbogenfeiern. Die Entscheidung für eine Location fiel ziemlich schnell und leicht, weil viele der Läden ausschließlich für Männer waren oder enorm männerlastig. Natürlich haben wir kein Problem mit Männern, aber wir wollten trotzdem gemischtes Publikum.

Wir fuhren zum JampaDampa, einer Mischung aus Karaokebar und Disco. Vor der Tür genügte ein Blick nach innen um zu sehen, dass es völlig leer war. Es lief Musik und Jemand sang furchtbar schief, doch im Großen und Ganzen war der Laden leer. Es war kurz nach Elf, also vielleicht einfach ein bisschen zu früh? Vor dem Laden stehend entschieden wir uns dann für etwas Anderes, was wohl gleich ums Eck sein sollte. Dort angekommen stellten wir fest, dass die Location nicht mehr existierte. Dann eben noch wo anders hin. Ebenfalls nicht weit und sofort gefunden. Das Stage – Eine Mischung aus Restaurant und Club. Im Erdgeschoss Restaurant und im Keller Disco. Hier genügte ebenfalls ein Blick, der Laden war voll. Also nichts wie rein! Im Discobereich war es nicht so voll wie oben, aber dennoch gefiel uns der Schuppen. Wir genossen unseren obligatorischen Mojito mit Sprite anstatt Soda. Er war extreeeeem süß, weil der Barkeeper es auch noch sehr gut mit dem braunen Zucker meinte. Doch der Geschmack half gegen das Gemüse und als das Glas leer war, war ja immer noch die frische Minze da, die ich von da an regelmäßig kaute.

stage

Auf diese Weise schaffte ich den Abend ganz gut und wir konnten ihn sogar ein bisschen genießen. Natürlich klingelte um Mitternacht mein Wecker zum Gratulieren. Wir genossen danach noch eine Weile die Atmosphäre und dann, so gegen 1 Uhr, leerte sich der Schuppen schon wieder. Ich hatte gehört, Prag sei ein absolutes Schwulenmekka. Daher hatte ich nicht erwartet, dass um 1 bereits tote Hose ist. Also ab ins Taxi. Es wirkte, als ob  Fahrer durch die Stadt raste, doch ein Blick auf den Tacho zeigte, wie sehr dieses Gefühl täuschte. Wir wurden an unserem Hotel über die Auffahrt direkt zur Tür gebracht und nahmen dann erst mal ne Mütze Schlaf.

Am Morgen waren wir beide wieder fit, keine Spur mehr von Klobasa bei Carina und Gemüse bei mir. Das war auch gut so, denn dieses Frühstücksbuffet war das größte und beste, was ich je gesehen habe. Online hatten wir vorher völlig Gegenteiliges gelesen. Doch das hier war allererste Sahne! Es gab einfach wirklich alles. Verschiedene Kuchen und Gebäcke, verschiedene Müslisorten und frisches Obst, Brot, Brötchen, eine große Auswahl an Wurst und Käse, diverse Salate und geschnittenes Gemüse. Eier in allen Variationen, und wenn einem das vorhandene Omelett nicht passte, konnte man sich auch frisch eines zubereiten lassen. Es gab einen  Nudelauflauf und gebratenes Gemüse, Würstchen und sogar Sushi! Und unbedingt zu erwähnen sind die Pancakes mit Ahornsirup. Ich habe gelesen, es gäbe im Diplomat das schlechteste Frühstück aller Zeiten. Ich weiß nicht, wo dieses Urteil her kommt ehrlich gesagt. Denn ich sag dort das beste Frühstücksbuffet aller Zeiten.

astronomischeuhr

Nach dem Frühstück wurde ausgecheckt, denn die restliche Zeit bis zur Abfahrt wollten wir ja noch ein bisschen was von Prag sehen. Wir machten uns mit der U-Bahn auf in die Stadt und erreichten schnell das Zentrum. Dort ging es durch kleine Gassen an unzähligen Läden vorbei in Richtung Marktplatz und dann weiter zum Rathaus mit der wunderschönen astronomischen Uhr. Jetzt habe ich sie ja wirklich nicht zum ersten Mal gesehen, aber ich finde sie immer wieder toll.

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Während das Wetter am Vortag zwar trüb wirkte aber trocken blieb, schien es uns heute im Stich zu lassen. Es war unangenehm kalt und so gönnten wir uns eine heiße Schokolade an einem Straßenstand. Und dann fing es tatsächlich an zu regnen. So sparten wir uns den Pulverturm und ein paar weitere Gassen und machten uns auf den Weg in Richtung Bahnhof. Und das war wohl auch gut so, denn wir mussten gerade mal noch zehn Minuten auf unseren Bus warten. Von Terroristen oder mutmaßlichen Terroristen diesmal keine Spur, und so kamen wir gut und einigermaßen entspannt wieder in Nürnberg an.

 

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