Wie in fast jedem Blogpost beginnt es sehr früh. Um genau 4.44 Uhr klingelt der Wecker. Zum Glück ist diesmal schon alles fertig gepackt und vorbereitet. Um 5 Uhr verlassen wir das Haus und fahren das Auto an einen relativ silvestersicheren Platz, bevor es mit dem Taxi zum Flughafen in Nürnberg geht. Es beginnt zu schneien, jetzt wo wir in den Schnee fliegen will er auch in Nürnberg liegen?!
Unsere Flüge klingen ein wenig seltsam. Zunächst fliegen wir nämlich in die völlig entgegengesetzte Richtung nach Zürich. Diese Verbindung war die beste Kombination aus Zeit und Kosten. Als ich das letzte Mal in Schweden war flog ich über Wien, auch nicht viel besser. Es dauert alles ein wenig länger in Nürnberg, denn die Maschine muss erst enteist werden. Das erlebe ich zum ersten Mal, macht einen ganz schönen Krach!
Der Flug ist ruhig, wir schlafen die meiste Zeit. In Zürich haben wir ein bisschen Verspätung, aber das ist nicht so schlimm, der Puffer ist groß genug. Und dann hat unsere neue Maschine nach Stockholm Verspätung. Es kommt eine Durchsage nach der anderen, die Flüge auf den Nachmittag verschiebt, wegen des Wetters in Zürich. Starker Schneefall und Wind. Ich dachte, die Schweiz sei das gewohnt und kann damit umgehen. Anstatt um 9.15 Uhr boarden wir um 10.05. Bis es dann los geht dauert es auch noch eine ganze Weile, wir stehen ewig auf dem Feld, es dauert alleine dreißig Minuten bis wir zurück geschoben werden können. In Stockholm müssen wir erneut umsteigen und ich mache mir eigentlich noch keine großen Gedanken, denn es sind zweieinhalb Stunden Puffer, die wir da haben. Ursprünglich wollte ich einen früheren Zug buchen, doch dann war ich froh, dass ich mich für den späteren entschieden hatte.
In Schweden war dann bestes Wetter. So hatten wir tolle Ausblicke schon vom Flieger aus. Gelandet, rein in das Flughafengebäude und auf die Koffer warten. Ja, richtig gelesen! Koffer! Zum ersten Mal in meinem Leben seit ich alleine unterwegs bin verreise ich mit Koffer. Zu Weihnachten hatte ich mir einen Samsonite Hartschalenkoffer gewünscht und ihn auch bekommen. Carina habe ich dasselbe Modell in einer anderen Farbe geschenkt, so dass wir beide bestens ausgerüstet waren. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis unsere beiden Koffer auf dem Band erschienen und so langsam wurde ich nervös, denn unser Zeitpolster war bereits auf 30 Minuten geschrumpft und ich wusste, dass man ziemlich weit durch den Flughafen laufen muss, um zum Zugterminal zu kommen. Und Hunger hatten wir auch langsam, denn alles was wir bisher gegessen hatten war ein Flugzeugbrötchen, und es war bereits Nachmittag. Also noch schnell an einem Stand angehalten und ein Baguette und ne Calzone geholt. Und dann wurde das ganze auch noch warm gemacht. Für die Calzone dauerte das fünf Minuten. Die Zeit schrumpfte und schrumpfte und ich wurde schon nervös. Den Bahnsteig erreichten wir dann zehn Minuten bevor der Zug fuhr – weil er neun Minuten Verspätung hatte. So einfach können zweieinhalb Stunden ausgelöscht werden.
Im Zug haben wir erst auch noch gute Sicht, doch dann wird es sehr schnell sehr dunkel und wir sind außerdem irre müde. Also wird wieder geschlafen, obwohl das angesichts all der schreienden Kinder im Abteil gar nicht so einfach ist. Ein paar Stunden später müssen wir in Sundsvall umsteigen und haben dort erneut eine Stunde Aufenthalt, bevor es eine weitere Stunde im Zug bis Härnösand geht. Gehen soll.
Wir begeben uns zum Warten in die Bahnhofshalle und wir positionieren uns am Rand, fast neben der Wand. Plötzlich steht Jemand genau neben uns und schaut mich an. Ich dachte, ich stehe im Weg und gehe einen halben Schritt aus dem Weg, schaue neben mich und frage mich, wo derjenige eigentlich hin will. Da geht es doch nirgends hin. Neben mir hängt ein Defibrilator. Nein, wenn man den will, stellt man sich selbst in Schweden nicht mit so einer Ruhe neben Jemanden. Ich schaue die Person erneut an und stelle fest es ist Lars. Er hatte mich am Vortag gefragt, wie lange wir in Sundsvall Aufenthalt haben. Dass er nun zusammen mit seinen beiden (schon erwachsenen) Kindern hier nach Sundsvall kommt, um uns einzusammeln, damit habe ich nicht gerechnet.
Wir fahren mit dem Auto weiter und das geht viel schneller und ist viel bequemer und auch gleich geselliger. Zum Abendessen geht es dann gleich in ein süßes kleines Lokal in Härnösand, Rutiga Duken heißt das Schmuckstück. Für Carina und mich gibt es Pasta mit Hühnchen und Pilzsauce, ein Gaumenschmaus :) Auch die Gerichte um uns herum sehen herrlich aus!
Danach geht es in unsere Heimat für ein paar Tage. Es gibt Tee und viele Unterhaltungen und einen Film. Carina war so müde, dass sie mehr als den halben Film verschlafen hat, obwohl sie diejenige war, die ihn noch nicht kannte. Also direkt nach dem Film ab ins Bett.
Am nächsten Tag gehen wir erst mal schwedische Supermärkte erkunden. Während wir am Abend vorher schon Hjortronsylt gekauft haben (eine Marmelade mit Moltbeeren, leider in Deutschland beinahe nirgends erhältlich, wenn Jemand einen Ort weiß bitte kommentieren!), gibt es nun Zutaten für die geplanten Tacos. Im Anschluss sammeln wir an mehreren Orten noch Schneeschuhe ein, so dass wir später losziehen können.
Mittags machen wir dann erst mal ne Gulaschsuppe und entdecken dabei Knäckebrot mit Zimt. Konnte ich mir gar nicht vorstellen, ist aber richtig lecker. Davon haben wir dann auch mal gleich zwei Packungen für uns besorgt, so gerne mochten wir das.
Dann geht es los mit den Schuhen. Es dämmert langsam schon wieder, wenn wir nicht ganz im Dunklen gehen wollen, müssen wir das jetzt tun. Es ist 13 Uhr.
Die Schuhe werden auf uns eingestellt und wir bekommen Langlaufstöcke für eine bessere Balance und zur Stütze an schwierigeren Passagen. Lars geht voraus und Carina und ich hinterher. Erst mal ist es etwas ungewohnt, geht aber ganz gut. Direkt hinter dem Haus verschwinden wir in die Wälder. Wir kommen an schneebedeckten Mooren vorbei und gehen ganz nach oben bis an den höchsten Punkt des Berges. Dort fragt uns Lars, ob wir noch können und wir entscheiden uns für ja. Wir wollen zu alten Wickingergräbern. Ungefähr 500 Meter soll das sein, erst bergab und auf dem Rückweg wieder bergauf. Schaffen wir! Auf dem Weg stellen wir dann fest, dass die 500 Meter wohl gelogen waren, aber wir schaffen es trotzdem. Die Beine werden müder, die Schritte schwerer und langsamer. Vor Allem aber ist es immer schwieriger, Unebenheiten auszugleichen. Während es mich auf dem Hinweg zwei Mal legt (man steigt auf einen Punkt und der Schnee darunter verschwindet einfach komplett), passiert Carina das auf dem Rückweg ein paar Mal. Der Schnee ist aber so tief und weich, dass wir uns dabei nicht weh tun und jedes Mal in schallendes Gelächter ausbrechen. Lars bezeichnet das als vertikal laufen.
Die Gräber sehen wir übrigens nicht, obwohl wir sie gefunden haben. Sie sind aber so schneebedeckt, dass man sie nur erahnen kann. Müssen wir wohl im Sommer nochmal wieder kommen.
Auf dem Rückweg ist es dann auch schon so dunkel, dass man nur noch mit Mühe die Schattenkanten im Schnee erkennt, wo man auf dem Hinweg Spuren hinterlassen hatte.
Als wir wieder im Haus sind, ziehe ich meine Hose aus und stelle fest, dass sie komplett gefroren ist. Ich kann sie beinahe hinstellen. Nur weil es im Haus so warm ist hält das nicht lange. Dementsprechend rot vor Kälte waren meine Beine, obwohl ich überhaupt nicht gefroren habe, weder auf dem Weg noch danach.
Dann geht es an die Tacovorbereitung. Auf diese Idee wäre ich nie gekommen, aber in Schweden ist das schon fast Volkssport und nicht weit weg vom Nationalgericht. Hier isst man ständig Tacos. Wir genießen es, denn wir empfinden das als sehr gesellig – ähnlich dem Raclette oder Fondue.
Nach dem Essen gibt es für uns noch etwas Besonderes, haben wir uns anscheinend mit der Anstrengung beim Schneeschuhwandern verdient. Im Garten steht ein Hottub.
Der wurde heute von Lars Sohn für uns gereinigt und gegen 21 Uhr ist es so weit.
Das Wasser ist 41 Grad warm und es dampft. Ich steige als erstes rein und genieße. Zwischendurch wird es zu warm und wir setzen uns kurz auf den Rand, bevor wir wieder komplett eintauchen. Dann komme ich auf die blöde Idee, dass man sich ja auch in den Schnee legen könnte. Eigentlich sage ich das nur so aus Spaß, aber dann muss ich auch zu meinem Wort stehen und Carina macht es mir tatsächlich nach. Wir gehen also aus dem heißen Wasser, legen uns in den Schnee, rollen uns einmal und dann schnell zurück ins Wasser. Das fühlt sich an wie tausend kleine Nadelstiche, gleichzeitig aber auch sehr angenehm.
Nach diesem Tag sind wir auf jeden Fall tiefenentspannt und absolut geschafft. Hier im Haus findet noch eine kleine Tanzparty statt, aber wir sind so müde, dass wir trotzdem einschlafen.
Den nächsten Tag lassen wir ruhig angehen und später gehen wir spazieren. Wir laufen in die Innenstadt und erfreuen uns an all dem Schnee, dem Licht, dem gefrorenen Meer und den schönen schwedischen Holzhäusern. Als uns kalt wird und noch viel mehr ein dringendes Bedürfnis ansteht, gehen wir in einem Café Chai Latte trinken und uns kurz etwas aufwärmen. Carina versucht dort, mit Schweizer Franken zu bezahlen und ist verwundert, dass sich die Kassiererin weigern will das Geld anzunehmen, bis der Irrtum aufgeklärt ist. Herrlich!
Der Rückweg beehrt uns fast mit der blauen Stunde, doch sie wird weder so richtig blau, noch ist sie eine ganze Stunde. Höchstens Augenblicke, die man nutzen kann!
Am Abend gibt es dann nochmal Tacos, einfach weils so schön war. Und weil der Schweinebraten vergessen wurde :)