Wenn ich schon mal in Norwegen und so nahe an der Hauptstadt bin, dann muss ich auch Oslo gesehen haben. Für mich führt der Weg am einfachsten via Zug in die Stadt. Ich laufe bis zur Bahnstation am Flughafen Olso Torp, der wie so viele ryanairbasierte Flugplätze eigentlich nichts mit Oslo zu tun hat, liegt er doch über eine Stunde entfernt. Ich fahre also mit dem Zug nach Oslo, entlang an einer wunderbaren Zugstrecke, die genau am Fjord verläuft. Alles versinkt im Nebel, die Stimmung ist kaum in Worte zu fassen. Die ganze Fahrt starre ich aus dem Fenster und lasse sogar das kostenlose Wifi einfach links liegen.
Vom Bahnhof selbst mache ich mich zu Fuß auf den Weg und erkunde so die ganze Stadt. Zwar ist Oslo eine Hauptstadt, aber doch wirkt sie nicht besonders groß. Ich bin einen Tag unterwegs, womit ich auch ganz gut hinkomme. Ich spare mir die berühmte Skisprungschanze Holmenkollen, aber den Rest habe ich ziemlich umfassend gesehen. Das Spannende daran ist: es ist beinahe egal wo ich mich befinde, es ist fast überall Wasser zu sehen. Und obwohl ich zu ganz normalen Zeiten tagsüber unterwegs bin, finde ich immer wieder menschenleere Winkel und Gassen.
Ich finde kein Wort für Oslo. Und ich habe selten Mühe, ein Wort zu finden. Oslo ist als Hauptstadt gleichzeitig die größte Stadt, die modernste Stadt. Und doch so klein und überschaubar und irgendwie provinziell. Bescheiden. Und doch voller Angebote. Es gibt doch einen ganzen Haufen zu sehen, denn Angebote meine ich sicher nicht in finanzieller Hinsicht. Norwegen generell ist sehr teuer, und Oslo setzt dem Ganzen noch eine Krone auf. Für eine Cola und ein Sandwich zahle ich 130 Kronen, wobei 1 Euro zu diesem Zeitpunkt ca 8 Kronen entsprechen.
Ich sehe das Parlament und den Palast, den Hafen mit seinen neuen hochmodernen Gebäuden und alten Kuttern. Vielerorts mag das deplatziert wirken, aber Oslo übertreibt nicht mit allzu hohen Hochhäusern oder erschlägt nicht mit kilometerweise Beton. Die Holzplanken neben der Glasfassade sind seltsam passend. Modern, aber trotzdem bescheiden. An der Promenade am Kai entlang befindet sich ein Café neben dem anderen, die Atmosphäre ist gemütlich und entspannt. Generell trifft das aber auch auf die komplette Stadt zu. Ein Gefühl von Hektik oder Stress verspüre ich nirgends, auch nicht in den Menschen um mich herum.
Vom Hafen weiter in Richtung Rathaus kommt man dann an einem der berühmtesten Gebäude der Welt vorbei, auch wenn es sehr unscheinbar wirkt: die Nobel Friedensstiftung. Da ich für die Stadt nur einen einzigen Tag zur Verfügung habe, sehe ich alle Sehenswürdigkeiten leider nur von außen. Einen Museumsbesuch muss ich wohl bei einem zukünftigen Besuch nachlegen. Auch beim Nobelcenter vermischt sich die Tradition mit der Moderne. Häufig oder eigentlich fast immer kann ich moderner Kunst nichts abgewinnen. Vielleicht bin ich ein Banause, vielleicht habe ich aber auch nur ein anderes Empfinden. Hier gefällt mir die Kombination.
Das Rathaus selbst ist für mich vermutlich das einzige Gebäude, das ich als ein wenig unpassend empfinde. Ein dicker, unförmiger roter Backsteinkoloss direkt am Ende des Fjords. Wer in per Schiff in die Stadt kommt, fährt also direkt darauf zu. Angesichts der anderen Bauten hätte ich etwas Geschmackvolleres erwartet.
Vor dem Rathaus sieht es dann schon wieder anders aus, verspielte Statuen räkeln sich in der Sonne. Vielleicht ein bisschen Kopenhagen. Oder eher anders herum, vielleicht ist Kopenhagens Meerjungfrau ein klein bisschen Olso. Tatsächlich verbringe ich hier sogar relativ viel Zeit, zumal nebenan auch noch einige alte Kutter im Wasser liegen. Ein Blick in Richtung Wasser lohnt sich hier an einigen Stellen.
Und natürlich die Festung. Sie liegt leicht oberhalb der Stadt und man hat einen wunderbaren Blick auf den ganzen Hafen. Die Festung ist tatsächlich auch heute noch als Militärbasis in Betrieb, und trotzdem ist sie größtenteils offen und zugänglich. Dabei ist ein großer Teil der Festung stillgelegt und beherbergt Museen und öffentlich zugängliche Relikte aus alter zeit. Die Außenanlagen werden jedoch auch heute noch militärisch genutzt. So kann man mit Militär eben auch umgehen. Die Festung liegt etwas oberhalb der Stadt und trägt den Namen Akershus. Die historisch wichtige Anlage liegt dabei auf einer Halbinsel vor dem Hafen, schützt also die Stadt rein von der Lage her optimal. Nicht mehr im Betrieb ist das ehemalige Landesgefängnis, das dort ebenfalls seinen Sitz hatte.
Ganz besonders lohnt sich der Weg nach oben aber auch wieder des Wassers wegen. Von hier oben hat man wieder eine wunderbare Sicht auf den Fjord mit seinen kleinen Booten und Schiffen und ein wenig auch auf das Treiben auf der anderen Seite mit den Cafés.
Oslos Parlament tagt im Storting Gebäude. Es befindet sich nicht weit weg vom Rathaus am Ende einer Parkanlage. Storting bedeutet „Großversammlung“, was bei einer Abgeordnetenzahl von 169 wiederum sehr viel über das norwegische Selbstverständnis aussagt. In Norwegen weiß man, was man hat und was man kann, aber man muss es nicht hinaus posaunen. Lieber nennt man ein kleines schmuckes Gebäude „Großversammlung“, als dass man einen riesen Palast hinsetzt. Wenn man das zum Beispiel mit dem österreichischen Parlament vergleicht, das eine ähnliche Anzahl an Sitzen hat, dann wird diese Bescheidenheit noch einmal verdeutlicht.
Das Königshaus ist ein klassizistisches Schloss, dass sich heute im Staatsbesitz befindet. Vom Parlament aus muss man sich einfach quer durch den Park begeben, denn das Schloss befindet sich sozusagen am anderen Ende. Es ist umgeben von Parkanlagen und liegt ein wenig auf einem Hügel. Auch das Schloss gehört mit 173 Räumen zu den kleineren königlichen Schlössern Europas und ist doch auch recht schlicht gehalten. Eine Statue und ein paar Säulen, das war es eigentlich. Keine großen Verschnörkelungen, kein Gold, keine Übertreibungen.
Mein Fazit zu Oslo fällt nach einem Tag sehr deutlich aus: ich liebe diese Stadt! Natürlich ist sie exorbitant teuer, und zwar sogar so teuer, dass das ein relativ großer Minuspunkt ist. Trotzdem habe ich mich unheimlich wohl gefühlt und unheimlich sicher. Die Stadt ist hell und offen gestaltet, finstere Ecken sind Mangelware. Die Menschen sind ruhig und entspannt, man hat überall ein entspanntes Gefühl. Oslo bietet einen fantastischen Mix aus Tradition und Moderne und übertreibt dabei in keine einzige Richtung. Ich bin mir sicher, dass ich Oslo noch mehrere Male besuchen werde.
Für meinen nächsten Besuch habe ich mir definitiv auch den Holmenkollen vorgenommen, an dem man auch wunderbar wandern kann. Meine Bloggerkollegin Miriam empfliehlt den Holmenkollen und neun weitere besondere Flecken, die es ihr besonders angetan haben in Oslo: Meine Highlights in Oslo.