Rund um den Chiemsee

1. September 2017
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Schon in jungen Jahren übte der Chiemsee auf mich eine gewisse Faszination aus, ist er doch der größte See in Bayern und einer der größten in Deutschland. Schon immer war ich eine Wasserratte und Seen haben auf mich auch schon seit Jahren eine besondere Wirkung. Beim Chiemsee kam dann in meiner Teenie-Zeit noch die Marke dazu, deren Logo ich bis heute toll finde. Mein Geldbeutel war immer zu klein für Chiemsee-Sachen, aber um mich rum waren die Logos überall. Und dennoch hat es Jahre gedauert, bis ich zum ersten Mal überhaupt in die Nähe kam! Vor ungefähr 10 Jahren fuhr ich nämlich einmal dran vorbei auf dem Weg nach Salzburg. Es ist mir auch bis heute ein Rätsel, warum ich es nicht früher geschafft habe, doch nun war es endlich so weit. Ich war dort!

Hauptberuflich leite ich eine heilpädagogische Wohngruppe für männliche Jugendliche. Mit der Gruppe fahren wir mehrere Male im Jahr auf Freizeiten und so konnte ich schon einige Gegenden in Deutschland ausgiebig entdecken. So war der Chiemsee dann auch meine Idee und meine Organisation. Als Unterkunft sollte uns eine Hütte der KJR Traunstein dienen, direkt am See. Diese Unterkunft ist nicht gerade individualtauglich, wobei euch ein kleiner Campingplatz vorhanden ist. Mit der Hütte an sich war ich sehr zufrieden, allerdings ist sie nicht gerade tauglich für eine Gruppe wilder junger Männer. Ein großes Matratzenlager lädt nämlich zu andauerndem und ausdauernden Catchen ein, so dass man wenig Schlaf abbekommt, wenn man ein Stockwerk tiefer liegt. Für eine kleine Gruppe Erwachsener (8 ist eine gute Anzahl für die Größe) aber eine tolle Lösung. Mit im Preis enthalten war eine Küche im Industrieküchenformat. Nicht mit im Preis war jedoch Geschirr und Kochbesteck und so weiter, das sollte man im Vorfeld wissen. Man kann ein Set zusätzlich buchen, und das ist nicht was ich eigentlich unter „vollausgestatteter Küche“ verstehe. Teile der Sanitäreinrichtungen des Hauses sind etwas in die Jahre gekommen, trotzdem aber sauber und ordentlich. Toiletten waren nicht direkt an die Hütte angegliedert sondern man musste einmal über den Platz gehen. Duschen waren gar am anderen Ende des Zeltplatzes. Alles also ein bisschen weniger komfortabel, aber dennoch anständig.

Bestechend ist die Lage des Platzes. Wir befinden uns ein paar Kilometer nördlich von Chieming in der Schützinger Bucht. Es ist wunderbar ruhig, denn außer dem Zeltplatz und einem Bauernhof sowie einer Slipanlage mit Bootsliegeplätzen gibt es dort einfach nichts.  Mir gefällt das, denn hier haben wir trotz Pfingstferien keine Touristenmassen. Der Kiesstrand direkt in Schützing ist im Normalfall leer und auch den dortigen Steg habe ich häufig leer vorgefunden. Beim Badetag etwas südlicher in Richtung Chieming wurde es nur minimal voller. Wenn man also eher ruhige Zeit verbringen möchte, liegt man an dieser Uferseite und in diesem Bereich genau richtig. In Kauf nehmen muss man dann etwas Weg zum Einkaufen, mit dem Auto schätzungsweise fünf Minuten.

Städte in der Nähe sind Rosenheim und Traunstein, und beide besichtigen wir auch. Ich muss dabei gleich sagen, dass ich Rosenheim nichts abgewinnen kann. Ich empfinde es als relativ dunkel und dreckig, und damit meine ich noch nicht einmal herumfliegenden Dreck sondern die Fassaden. Es sieht alles ein bisschen aus wie in meiner Kindheit, als wäre seit Jahren nichts getan worden. Traunstein dagegen hat zumindest eine sehr grüne und lichte Innenstadt und Fußgängerzone. Traunstein bietet sich für unsere Jungs auch als Ausgangspunkt für eine Fahrt nach München an, mit dem öffentlichen Nahverkehr sind sie schnell dort.

Rund um den Chiemsee gibt es ein paar Privatbrauereien und eine etwas größere davon liegt in einer für uns annehmbaren Entfernung. Mit zwei Kleinbussen und der kompletten Truppe machen wir uns auf in Richtung Teisendorf. Wir sind etwas knapp dran und zu allem Überfluss gibt es dann eine Umleitung, die uns 15 Kilometer mehr Strecke einhandelt. Auf dieser Umleitung haben wir dann auch noch das Pech, vor uns einen Traktor zu haben, der lange nicht überholt werden kann und somit eine große Autokarawane hinter sich her zieht. Mit fast 20 Minuten Verspätung kommen wir bei der Brauerei Wieninger an. Die Mitarbeiter dort sind sehr freundlich und bemüht und suchen für uns den Guide, der mit seiner Kleingruppe schon losgezogen ist. Wir finden ihn und er ist so nett, dass er am Ende sogar nochmal seine Einleitungen erklärt. Dabei wird wohla ch etwas Understatement betrieben, denn dass Wieninger ja eine kleine Brauerei sei hören wir mehrfach. Gleichzeitig produziert Wieninger auch die Libella-Limonaden, die man auf jeden Fall bayernweit erhält. Und bei den Tanks hörten wir auch etwas von Millionen Litern Bier, die sich in den Tanks befinden. Wenn ich mich richtig erinnere reichte die Menge für eine Summe von 3 Millionen Bierflaschen. In der Abfüllung befand sich gerade Limonade auf den Bändern, trotzdem war das Ganze toll anzusehen. Im Anschluss geht es auf Breze und Freibier in die Brauereigaststätte. Ich trinke ein alkoholfreies Hefeweizen.

Ein ganz besonderer Tipp in der Gegend ist die Besteigung der Kampenwand. Die Hälfte unserer Truppe machte sich bereits sehr früh zu Fuß nach oben auf. Die Fauleren fuhren später mit der Seilbahn nach oben und gingen dann von der Bahnstation aus noch ungefähr eine halbe Stunde in Richtung Alm. Ich behaupte dass wir schneller waren, aber die halbe Stunde war als Gehzeit angeschrieben. Auf halber Strecke sorgen zwei Jungs bei mir noch für ordentlich Adrenalin, als sie sich nicht davon abbringen lassen, einen Felsen zu besteigen. Einer von ihnen schafft es ganz nach oben, der andere bekommt mitten drin das Flattern und kehrt um. Es dauert ungefähr zwei Minuten, dass Nummer Eins von ganz unten nach ganz oben kam. Mit unglaublicher Geschmeidigkeit, das sah wirklich gekonnt aus. Auch andere Zuschauer waren sich dann sicher, dass er das jeden Tag macht. Das Gegenteil ist allerdings eigentlich der Fall. Die meisten Menschen haben einfach den Kopf geschüttelt ob des Leichtsinns, ohne Sicherung einfach in den Felsen zu gehen und dann so hoch.

Für die Faulen reichte der kurze Weg bis zur Alm, wo es zünftige Brotzeit gab. Auch von den Wanderern haben es nicht ganz alle auf den Gipfel geschafft. Der Wille war da, aber die Höhenangst war bei Einem stärker. Ich persönlich hatte schon auf dem Wanderweg von der Seilbahn zur Hütte Probleme mit meiner Höhenangst, als es am Wegrand steil nach unten geht. Nun handelte es sich aber nicht um einen schmalen Pfad sondern einen schätzungsweise gut zwei Meter breiten Weg. Mit Körperdrehung zur Wand hin und Blick weg vom Weg habe ich es geschafft, aber es hat Überwindung gekostet. Ganz nach oben auf die Kampenwand selbst habe ich daher gar nicht mehr versucht. Allerdings war der Blick auf die Wand schon herrlich und auch der Ausblick von einigen Stellen auf unserem Weg war wunderbar!

Gerne verbringen wir Zeit direkt am See, und dieser zeigt sich uns in einigen Varianten. Verspielt. Träumerisch. Kalt. Wild. Der Chiemsee ist also nicht nur vielseitig was die Aktionen rund um den See angeht sondern auch in seiner Ausstrahlung an sich. Viele meiner Bilder darf ich aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichen, aber der Chiemsee gibt eine hervorragende Kulisse für unbemerkt fotografierte Portraits. Besonders schön ist ein warmer Abend mit Sonnenstrahlen bis zuletzt und einem herrlichen Sonnenuntergang. Es ist beinahe egal zu welcher Uhrzeit, wir machen uns immer wieder auf ans Ufer und werden vom See dafür belohnt.

Wie es sich beim Zelten oder in einer Hütte gehört, verbringen wir die meisten Abende am Lagerfeuer. Zeitweise lassen wir uns auch von Regen nicht vom Spaß abhalten, und genau so muss es auch sein! Die Zeit ist wie jede Freizeit trotzdem anstrengend, weil es immer einen hohen Lautstärkepegel gibt und man nicht gerade mit Schlaf gesegnet wird (vor Allem wenn man eine Horde Catcher über seinem Kopf hat). Gleichzeitig hat die Zeit in der Natur aber auch gut getan und ein bisschen zum Abschalten beigetragen.

Ein kulturelles Highlight des Chiemsees und eigentlich ein absolutes Muss sind die Fraueninsel und Herrenchiemsee. Ich biete einen Ausflug dorthin an, doch die Herren sind manchmal Kulturmuffel beziehungsweise das Salzbergwerk in Berchtesgaden zieht einfach besser. Dort gibt es mehrere Spaßfaktoren, der größte ist aber für Alle die 40 Meter lange Rutsche ins Bergwerk hinein. Hierfür trägt man Schutzoveralls. Auch die Fahrt mit der Grubenbahn und der Spiegelsee sind eine tolle Attraktion. Über den See fährt man mit einer Art Floß, die Fahrt wird von Lichtinszenierungen und Klängen begleitet. Leider darf man hier nicht fotografieren.

Herrenchiemsee sehe ich also erst bei meinem nächsten Besuch, wenn ich privat dort unterwegs bin. Und auch die Sportmöglichkeiten des Chiemsee müssen noch so lange warten. Mit dem Schlauchboot habe ich ein Stück gepaddelt, doch leider war dessen Zustand nicht gerade gut und schon nach kurzer Strecke hatte es so an Luft verloren, dass ich schon bis zur Hüfte im Wasser hing. Also wieder raus mit dem Boot und zurück tragen. Segeln ist nicht meins, das hab ich nicht mal in Hamburg an der Alster gemacht, aber Dinge wie Stand Up Paddling würde ich durchaus mal probieren. Theoretisch kann man im Chiemsee auch tauchen, das bedarf aber einer Zustimmung des Landratsamtes. Rund um den Chiemsee gibt es einen Radweg, auch den würde ich gerne einmal befahren.

Der Chiemsee passt sich wunderbar in meine Seenliebe ein, er ist ein weiteres Puzzlestück. Ich bin generell ein Wassermensch, und wenn ich das dann noch in Kombination mit Bergen haben kann, handelt es sich schon beinahe um die perfekte Kombination. Toppen kann man das nur noch mit dem Gang unter Wasser. Wer weiß, vielleicht werde ich das im Chiemsee tatsächlich einmal tun.

Ansonsten werde ich sicher einmal wieder kommen, und vielleicht wage ich doch noch den Weg auf die Kampenwand, ohne Jugendliche um mich herum und ohne die Verantwortung und ohne den Druck, der dann auch auf den Schultern lastet und im Kopf irgendwie fest verankert ist.

Rund um den Chiemsee gibt es jedenfalls einige schöne Spots, wie ich jetzt in dieser Woche festgestellt habe. Es lohnt sich also!

 

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