Kirchschletten – Rückkehr an einen besonderen Ort

29. August 2019
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Für gewöhnlich bin ich die einzige Autorin auf diesem Blog, doch heute mache ich die zweite Ausnahme seit Bestehen. Schon seit vielen Jahren wollte ich einmal für ein paar Tage in ein Kloster gehen, Stille genießen, erfahren wie das Leben im Kloster abläuft. Einkehr halten, Ruhe finden. Ungefähr so stelle ich mir das vor. Doch seit Jahren habe ich hundert andere Dinge umgesetzt, dieses Eine jedoch nicht. Meine Frau allerdings hat es besser gemacht. Deswegen heute mit ihren Worten. Feder frei, liebe Carina!

Nach langer Zeit habe ich wieder die Möglichkeit, einen Gastbeitrag hier auf dem Blog meiner Frau zu veröffentlichen, worüber ich mich sehr freue. Diesmal garantiert ohne Smilie-Overload. Versprochen.

Die letzten zwei Tage war ich gemeinsam mit einer Freundin in besonderer Mission unterwegs und das möchte ich gerne mit euch teilen.

Kirchschletten – ein für mich sehr vertrauter Name, für die meisten wahrscheinlich eher unbekannt.  Hinter dem Namen steckt ein kleiner Ort, mit nur ca. 120 Einwohnern, der zum Landkreis Bamberg gehört. Dieser Ort ist umgeben von wunderschöner Natur und mittendrin liegt ein Kloster, die Abtei Maria Frieden. Für mich einer der schönsten und friedlichsten Orte der Welt. Wie der Titel schon sagt, war ich nicht das erste Mal dort und muss daher ein bisschen ausholen.

Der Eingang und Rosengarten der Abtei Maria Frieden

Im Jugendalter und jungen Erwachsenenalter war ich sehr aktiv in meiner Pfarrei, habe zum Beispiel Jugendgruppen geleitet. Da gab es auch das Angebot, in den Osterferien für eine knappe Woche nach Kirchschletten zu fahren, „Besinnungstage“ war damals die Bezeichnung dafür.

Ich habe das Angebot für mich genutzt, ganz ohne Betreuungsstatus – die Organisation wurde von Anderen aus unserer Gemeinde übernommen und generell hat dieses Angebot eher die nicht ganz so junge Generation angesprochen.

Als ich Kirchschletten und die Abtei Maria Frieden kennengelernt habe, war ich sofort beeindruckt und positiv überrascht. Die Natur. Die Ruhe. Die Entspannung. Die Psalmengesänge der Nonnen.

Damals hatten wir ein recht festgelegtes Programm, zusammengestellt von den Organisatoren, mit Bibelgruppen, Kreativangeboten, Stillezeit. Das mag jetzt alles recht steif und trocken klingen, war es aber gar nicht – eher im Gegenteil.

Das war immer mit viel Spaß und Gaudi verbunden und man konnte sich so richtig kreativ austoben. Sogar in den Bibelgruppen, was ich selbst nicht gedacht hätte. Ich kann mich nicht mehr an viele Details daraus erinnern, aber ich weiß noch, dass man in Gruppen eingeteilt war und sich dann gemeinsam eine Bibelstelle vorgenommen hat, die kreativ bearbeitet wurde. Da kamen teilweise echt abgefahrene Sachen raus und man würde nicht unbedingt denken, dass der Ursprung ein Bibelvers war.

Jedenfalls haben diese Tage mir immer viel gebracht. Ich war damals noch in der Schule, kurz vor der Ausbildung und irgendwie war diese „Besinnung“ sowas wie ein Kraftboost, der das Ende der Ferien ein bisschen erträglicher gemacht hat.

Ich weiß nicht genau, wie oft ich insgesamt dabei war, aber auf jeden Fall einige Jahre hintereinander und unter Anderem mit meiner Freundin Valli, mit der ich jetzt auch gemeinsam das Revival zelebriert habe. Wir haben immer wieder über Kirchschletten gesprochen und wie schön die Zeit war, nachdem die Besinnungstage so irgendwann nicht mehr angeboten wurden und sich natürlich auch die jeweiligen Lebensstile verändert haben (Osterferien, was ist das?).

Aber glücklicherweise kann man das Kloster auch auf eigene Faust, so ganz privat besuchen. Da es grade für uns beide ganz gut zeitlich gepasst hat, wählten wir uns einen Zeitraum aus, konnten das gut und schnell von der Mutter Oberin absegnen lassen (wie passend in dem Zusammenhang, das war nicht mal Absicht) und vor zwei Tagen, am Montag früh ging es dann los.

Das letzte Mal dort waren wir unserer Berechnung nach zufolge vor 12 Jahren, was eine wirklich lange Zeit ist und wir waren beide sehr gespannt, was uns erwarten wird, da zum Beispiel eines der beiden Gästehäuser vor einigen Jahren renoviert wurde.

Nun also in die Gegenwart. Nach einer guten Stunde Autofahrt kamen wir am Ortsschild „Kirchschletten“ an und da gerade Niemand außer uns auf der Straße war, hielt ich an und bat meine Freundin, ein Foto vom Schild zu machen, quasi als ersten offiziellen Beweis für die Rückkehr.

Der Ortseingang von Kirchschletten

Schon der Weg vom Ortsschild zum Kloster war sehr vertraut und irgendwie heimelig.

Als wir durch den Klostergarten zum Hauptgebäude liefen, fühlte es sich ohne Witz und Übertreibung an wie früher. Da waren wir uns einig.

Der Garten und auch alles andere, was wir bisher gesehen hatten war wie immer, außer dass die Blütenpracht natürlich viel eindrucksvoller bzw. überhaupt vorhanden war, in der Osterzeit ist das ja noch nicht so der Fall. Zu unserer Freude gibt es inzwischen einen Kräutergarten, den wir natürlich auch sofort unter die Lupe nehmen.

Der Garten mit Obstbäumen

 

Bunter Kräutergarten

 

Wir entdecken ungewöhnliche Pflanzen: Colastrauch

Es gibt gefühlt nichts, was es hier nicht gibt.

Was für ein schöner Name für eine Pflanze

Neben dem wunderschönen Garten gibt es hier zwei Häuser, in denen Gäste untergebracht werden können. Wie erwähnt wurde eines davon vor ein paar Jahren renoviert und wird mittlerweile auch als offizielle Pilgerherberge genutzt, was ich ziemlich cool finde.

Auch der Jakobsweg führt an der Abtei vorbei

Das Kloster selbst ist eingerahmt vom Grünen

Wir kamen um die Mittagszeit an und wurden von der Mutter Oberin begrüßt. „Das ist wie heim kommen“, hat sie gesagt und es hat sich wirklich so angefühlt.

Nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten, setzten wir unsere kleine Erkundungstour fort, bevor es Zeit für die „Mittagshore“ war, die wir uns natürlich nicht nehmen lassen wollten.

Auch hier muss ich aus Erklärungsgründen ausholen. In der Hore sind alle Nonnen versammelt und je nach Jahreszeit und Wochentag werden bestimmte Psalmen gesungen. Zwei der Schwestern singen vor und alle Horenbesucher singen die nächsten Zeilen gemeinsam mit den anderen Schwestern nach.

In der Klosterkirche der Abtei Maria Frieden

Am Anfang fand ich das etwas gewöhnungsbedürftig und wusste generell nicht so genau was ich davon halten soll, aber ich war schnell fasziniert. Fasziniert und beeindruckt von der wahnsinnigen Hingabe der Nonnen. Das ist Berufung, Überzeugung. Das hab ich auch jetzt in den letzten zwei Tagen genauso und sogar noch stärker empfunden und ich finde das wirklich faszinierend. Diese Frauen leben für diese Berufung, Tag für Tag und das aus tiefstem Herzen.

Auch wenn ich persönlich mir nicht vorstellen kann, so zu leben, finde ich es wirklich bewundernswert und habe tiefen Respekt vor diesen aktuell 13 Frauen.

Zum Einen, weil sie sich entschieden haben, auf ewig so zu leben und zum Anderen, weil sie trotz des teilweise recht hohen Alters noch so aktiv und engagiert sind. Sie kümmern sich zum Beispiel um die Obst- und Gemüseernte und den Klosterladen (hier werden so tolle selbst hergestellte Sachen verkauft – natürlich waren wir shoppen).

Gestern hatten Valli und ich ein kurzes Gespräch mit der Ordens-Ältesten – sie ist 95 Jahre alt und dabei noch sowas von fit, das hat uns schwer beeindruckt! Mit 18 Jahren wurde sie Nonne. Was für eine lange Zeit! Sie wirkte so unbeschwert, so glücklich. Sie hat uns erzählt, wie sehr sie alle ihre Mitschwestern liebt und dass sie alles mit ihnen teilt und lieber selbst nichts hat. Das hat mich sehr berührt.

Zurück zu Tag 1. Nach der Hore gab es Mittagessen – die Nonnen kochen selbst, unter Anderem mit Gemüse aus eigenem Anbau (Kürbis, Bohnen und Mais, wie wir erkundet haben). Außerdem gibt es jede Menge Obstbäume. Die Obstwiesen eignen sich auch perfekt zum in den Himmel schauen und vor sich hin träumen.

Hier wird sehr viel selbst angebaut

Sowohl Gemüse als auch Obst wird selbst produziert

Natürlich ist hier alles ungespritzt – absolut Bio

Wir genießen Zeit und Ruhe in der Natur

 

Den Rest des Tages verbrachten wir unter Anderem mit einem nostalgischen Spaziergang zur Linde, auch das war damals schon Tradition.

Der alte Lindenbaum liegt erhöht und man kann ihn vom Kloster aus schon aus der Ferne erspähen. Damals sind wir diesen Weg immer im Dunklen gegangen und waren daher im Hellen am Anfang etwas orientierungslos. (Meine Frau wird jetzt bestimmt mindestens schmunzeln, wenn nicht lachen, weil Orientierung leider so gar nicht meins ist, egal ob dunkel oder hell). Der Weg allein hat sich schon gelohnt und wie ihr seht, haben wir unser Ziel auch letztendlich erreicht.

 

Die Natur ist hier an vielen Flecken sehr ursprünglich

Die alte Linde

 

Fühlt sich wie früher an – ich an der alten Linde

Tag 2 hat für uns nach dem Frühstück mit einer Walderkundung begonnen. Der Wald, der nahe hinter dem Kloster liegt, war uns beiden bisher unbekannt – das musste natürlich sofort geändert werden, schließlich bin ich eine absolute Waldliebhaberin und ich sage euch, es hat sich sehr gelohnt – ein traumhafter Märchenwald!

Ein bisschen wie im Märchen. der Wald in Kirchschletten

Weit weg von Trubel und Hektik lässt sich die Natur genießen

Am Nachmittag machen wir einen kleinen Ausflug nach Zapfendorf, den nächstgrößeren Ort und auch der nächste Bahnhof, wenn man Kirchschletten mit dem Zug erreichen möchte.

Damals sind wir immer vom Bahnhof aus zum Kloster gelaufen und waren eine knappe Stunde unterwegs (sorry für die doch so vielen Vergangenheits-Rückgriffe), diesmal waren wir faul und haben das Auto genommen.

Hier haben wir die wirklich gute Eisdiele getestet und uns was zum Anstoßen für den letzten Abend besorgt. Und während wir so durch den Ort geschlendert sind, war da dieser Stein. Damit ist es mal wieder bewiesen: Liebe ist überall! Für mich ein absolut magisches Zeichen.

Die Eisdiele in Zapfendorf ist zu empfehlen

Liebe ist überall!

Heute morgen waren wir schon recht früh wach und haben uns nach dem Frühstück auf den Heimweg gemacht. Natürlich nicht ohne die Morgensonne einzufangen und ein paar letzte Fotos zu machen.

Morgenstimmung mit Ausblick

Auch die Bäume werden nicht auf Form geschnitten

Wahnsinn, wie schnell die Zeit bis dahin schon wieder vergangen war aber ich muss trotzdem sagen, dass ich in den letzten Tagen so Vieles bewusst wahrgenommen habe, wie den unglaublichen Duft der Rosen. Gefühlt ständig haben wir an den Rosen geschnuppert und natürlich ungefähr tausend Fotos gemacht,  einfach be-/ und verzaubernd.

Ich liebe Blumengärten und den Duft von Rosen sowieso

 

Morgentau auf Rose

Der Rosengarten beherbergt viele verschiedene Rosenarten und Farben

Diese Ruhe hier hat mich sofort wieder in ihren Bann gezogen und mir Unbeschwertheit geschenkt. Was für ein grandioses Gefühl.

Ruhe und Frieden macht unbeschwert

Oh Leute, was soll ich sagen.. so spirituell das Alles für Manche vielleicht klingen mag, für mich stand bei dieser Auszeit vom Alltag ganz klar die Entspannung im Vordergrund.

Kraft tanken. Kraft braucht man immer, aber manchmal besonders. Und auch wenn das nur zwei Tage waren, hat diese Zeit sowas von gut getan und der Kraftboost ist wieder da.

Für mich ist klar, dass ich immer wieder nach Kirchschletten zurück kehren werde und das nicht erst wieder nach über einem Jahrzehnt.. Valli und ich sind uns einig: Einmal im Jahr wäre super!

Das ist eine ganz klare Empfehlung für alle, die sich nach Ruhe, Entspannung und Besinnung (spannendes Wort übrigens) sehnen, einfach eine kleine Alltagsauszeit brauchen, die Natur lieben und sich vielleicht durch diesen Beitrag angesprochen fühlen.

 

 

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