Anja von Travel on Toast war nun zehn Tage in Indien unterwegs. Ich habe ihre Reise sehr interessiert verfolgt und mich in Vielem wieder gefunden, was sie so berichtet und abgelichtet hat. In ihrem neuesten Post räumt sie mit Vorturteilen über Indien und Inder auf, oder eben sie werden bestätigt. Auch hier habe ich mich nahezu komplett wieder entdeckt.
Ich habe mir nun auch meine Gedanken gemacht zu den Vorurteilen und lasse dich nun daran teil haben, wie ich Indien diesbezüglich erlebt habe.
Zuerst schreibt Anja über das Visum. Das alte Prozedere musste sie glücklicherweise nicht mehr mit machen, denn es gibt nun ein Visum on arrival. Ich habe mein Visum noch auf den alten Weg bekommen, und das ging so: Ich druckte ein Formular aus und füllte es aus. Eine ganze Seite voller Fragen. Auch ich konnte nicht alle Reiseländer der letzten zwei Jahre einfügen, aber nahm eben so viele wie möglich. Dann musste da ein Passbild drauf. Aber kein normales, sondern eines in einer ganz bestimmten Größe. Also zog ich los um ein Bild zu machen, das wurde dann in zweifacher Ausführung gemeinsam mit dem Antrag und meinen Reisepass an das indische Konsulat in München geschickt. Bezahlt wurde online. Dann begann das Zittern. Ich wusste ja nicht, wovon die Vergabe eines Visums abhängt. Ungefähr zwei Wochen danach bekam ich Post und hielt meinen Pass mit Visum in der Hand. Hat auch funktioniert und war nicht so schlimm, wie es sich überall anhört.
Zum Thema voll und laut habe ich noch etwas Besonderes beizutragen. Ich habe Indien an vielen Orten als voll erlebt. Besonders in Mumbai und in Ernakulam. Ernakulam ist wohl die geschäftigste Stadt, die ich bisher gesehen habe. Und natürlich war es auch laut. Entgegen meiner normalen Geräuschempfindlichkeit betrachtete ich das aber nicht als störend. Dennoch habe ich seitdem für gewöhnlich Ohropax an Bord. Am lautesten sind: Klimaanlagen, die sich nicht abstellen lassen und das Gehupe der Autos. Hierzu die vollständige Version meiner Interpretation – abfotografiert aus meinem Reisetagebuch:
Was die Tiere angeht, die habe ich natürlich auch gefunden. Affen, Schlangen, Elefanten, Kormorane, Adler, Palmenhörnchen. Und Ameisen. Böse beißende Ameisen, und das tat richtig weh. Vor Allem wenn es so unerwartet im Schlaf passiert. Und die Ameisen im Bett krabbeln. Das ließ sich dann aber vermeiden, in dem ich das Moskitonetz nicht nur um mich rum habe sondern die Matratze angehoben habe und das Netz überall festgeklemmt habe. Sicher!
Und die Kühe, Hunde und Katzen! Kühe sind in Indien wirklich überall, und je nach Bundesland sehen sie unterschiedlich aus! Im Süden sind die Kühe viel besser genährt. Ich habe Kühe auf der Autobahn gefunden und am Strand. Sie sind da auch nicht zimperlich, wenn dein Handtuch im Weg liegt, stiefeln sie halt drüber, notfalls sicher auch über dich persönlich. Spannender noch als die Kühe am Strand fand ich ja die mitten in Mumbai. An einer Kreuzung stand eine Kuh angebunden an einem Haken, der in der Mauer befestigt war. Sie stand auf dem alsphaltierten Gehweg. Futter konnte man direkt nebenan bei einer Frau kaufen. Ich habe diese Kuh als Orientierung genutzt und ganz schön blöd geschaut, als sie plötzlich weg war. Nachhause gefunden habe ich aber trotzdem. Die Liebe der Inder zu ihren Kühen endet dann, wenn sie an den Stränden beginnen, in die Bars zu marschieren. Dann werden sie mit Stöcken schneller wieder vertrieben, als sie überhaupt nach innen gelangt sind. Denn eines muss man diesen Kühen lassen: die haben die Ruhe weg!
Anders ist das mit den Katzen und Hunden. Die werden auch in den Bars geduldet, zumindest so lange Gäste da sind. Wir haben in Gokarna einen Hund medizinisch versorgt, der eine tiefe Fleischwunde hatte, und der Wunde nach zu urteilen gingen wir von einem Menschen als Verursacher aus. Für mich hätte es auch ein wildes Tier sein können oder das Horn einer Kuh, aber Jemand schien sich das etwas auszukennen und schloss das aus. Ich hatte auch ein ganz persönliches Erlebnis mit einem Hund. Als wir mitten in der Nacht mit einer kleinen Gruppe in Gokarna ankamen, wollten wir für die wenigen Stunden bis zum Anbruch des Tages kein Geld für ein überteuertes Zimmer direkt am Busstop ausgeben und entschieden uns für den Strand. Einer der vielen Streuner legte sich direkt neben uns ab und bewachte uns. Ich beobachtete das eine ganze Weile, bevor ich einschlief und sogar richtig gut schlief! Sobald sich in unserer Nähe etwas bewegte, knurrte und bellte diese Hündin. Und dabei war auch eingeschlossen, wenn Jemand in ca 30 Metern Entfernung einfach nur an uns vorbei ging.
Ach ja. Delfine. Beinah hätte ich die Delfine vergessen. In Gokarna schwamm ich mit Delfinen. Einige Kanufahrer waren unterwegs an den Rand der Bucht, weil sich dort öfter Delfine tümmeln. Wir gehörten nicht dazu, war aber auch gar nicht nötig. Denn die Delfine schwammen weit in die Bucht hinein und waren stellenweise weiter am Ufer als ich. Da ich kurz zuvor in Goa meine schöne Unterwasserkamera geschrottet hatte (Sand im Objektiv tut jeder Kamera weh, knirscht und macht kaputt würde ich mal sagen), gibt es davon leider keine Bilder.
Was die Männer angeht…. Nun, ich war schon mal in Tunesien. Dort war es genauso. Dort waren wir zu zweit unterwegs, zwei junge Mädels, grade 17 oder 18 Jahre alt. Am ersten Abend buchten wir eine Kameltour und wurden dann vom Kamelvermittler zum Wein eingeladen. Er hat dann versucht, mich zu küssen, doch ich hab ihn stehen lassen und mich davon gemacht. Als wir dann am nächsten Tag in der Lagune mit Pferden unterwegs waren, war er sauer. Ich habe ihm klar gesagt, dass ich kein Interesse habe, das hat er dann akzeptiert. Kurze Zeit ritten wir zu zweit auf einem Pferd, je ein Kerl und ein Mädel. Am letzten Abend des Urlaubs war ich mit einem unserer Tischkellner am Strand auf den Felsen gesessen und wir haben gequatscht. Kam da nicht der Pferdekerl und hat sich bitterböse beschwert, was der Kellner da mit seiner Freundin mache. Bitte was? Ich bin die Freundin von Niemandem! Das habe ich da dann auch mal deutlich klar gemacht. Die erste derartige Erfahrung hatte ich also schon vor vielen Jahren auf Djerba. Für Indien war ich dann gewappnet.
Doch war es wirklich so schlimm? Nein! Natürlich wurde ich angesehen, aber genau wie Anja das beschreibt waren es nicht nur Männer. Ich wurde von Allen angesehen. Ich habe mich angemessen gekleidet, hatte meine Schultern grundsätzlich bedeckt und meine Knie fast immer. Besonders in den Zügen habe ich darauf geachtet, dass meine Knie nicht sichtbar sind. Im Vorfeld wusste ich nicht, wo ich überall entlang komme und ich wusste, dass an einigen Stellen vor allem im muslimischen Teil Indiens Frauen oft nur bekleidet ins Wasser gehen (dürfen). Ich wollte überall die Möglichkeit haben zu schwimmen und hab daher von vornherein ein Surfshirt und Shorts mitgenommen. In Europa eine sehr ungewöhnliche Schwimmkleidung und auch dort hätte ich sie nicht gebraucht. Aber vorbereitet wäre ich gewesen. Damit wäre dann auch das Thema Kleidung gleich mit behandelt.
Besonders interessiert waren übrigens indische Mädchen im Warteraum für Frauen am Victoria Terminus in Mumbai. Ich wurde richtig ausgequetscht. Das war aber auch gut so, denn so habe ich selbst auch viel über Kultur in Indien gelernt. Meine Gesprächspartnerin war wahnsinnig erstaunt, dass ich noch nicht verheiratet bin und aus diesem Grunde auch sehr besorgt. Ich erklärte ihr, dass das in Europa anders üblich ist und sie konnte es kaum glauben. Ich fragte sie nach ihren Erwartungen eine Hochzeit betreffend und sie vertraute voll und ganz auf das Urteil ihrer Mutter, die zuständig für die Wahl ihres Ehemanns war. Ihre Mutter liebt sie schließlich, deswegen wird sie auch den besten Mann auswählen, den es überhaupt geben kann. Und den wird sie dann natürlich auch sehr lieben. Meine Zweifel konnte sie nicht im geringsten verstehen. Dass ich meine Eltern liebe konnte sie kaum glauben, wo ich mir doch selbst meinen Partner auswähle. Dass ich eine Partnerin habe, habe ich lieber gleich gar nicht erwähnt.
Aber eigentlich wollte ich ja von den Männern erzählen. Nun, es gab sie. Die starrenden Männer. Und es gab auch die, die am Strand Fotos machen wollten und teilweise auch gemacht haben, obwohl ein vehementes Nein ausgesprochen wurde. Allerdings nicht von mir sondern von den beiden jungen Mädels neben mir. Die lagen da im Bikini. Ich in Surfshirt und Shorts – das ist kein Bild was sie haben wollen. Indische Frauen warnten uns, dass wir uns weigern sollen, solche Bilder mit Männern zu machen. Bilder von einzelnen Indern mit Mädchen oder sehr kleinen Gruppen werden wohl gerne verwendet, um damit zu prahlen. So sagten zumindest die indischen Frauen. Die und die habe man schon im Bett gehabt. Auch wenn man sich gerade mal getraut hatte, nach einem Foto zu fragen. Unbedenklich ist es bei Kindern oder großen Gruppen.
Während ich in Indien war gingen in Deutschland gerade wieder die Vergewaltigungen und Massenvergewaltigungen durch die Medien. Ich habe davon im Land gar nichts mitbekommen. Und Allen, die mich deswegen besorgt angeschrieben haben musste ich entgegnen: Sorry, aber in jedem Land der Welt werden jeden Tag Frauen vergewaltigt und das auch von mehreren Männern. Auch in Deutschland. Die Vergewaltigung ist kein indisches Phänomen. Und ich bin dann auch mit einem gewissen Vertrauen in so etwas wie mein Schicksal gesegnet. Ich sage, wenn mir etwas passieren soll, dann wird es auch passieren. Da kann ich machen was ich will. Und wenn es mir nicht passieren soll, dann passiert es auch nicht. Das macht mir das angstfreie Bewegen in der Fremde leicht.
Besonders extrem war das Starren übrigens im Zug, im Sleeper Train von Mumbai nach Goa. Obwohl der recht voll mit Backpackern war. Da war aber wohl einfach nur eine Familie neugierig, die den Rest des kleinen Eckchens hatte. Ich war aber auf meiner obersten Pritsche sehr gut versteckt. Und ich war als erste da und auch bereits oben und hatte alles schon verstaut und mich bequemt, als der Rest erst antrabte.
Und: mit einem Lächeln habe ich bis auf dieses eine Mal im Zug jegliche unangenehme Starr-Situation lösen können.
In Indien ist es warm? Nun, bei mir war es warm. Ich war ja aber auch in den Regionen unterwegs, die dem Äquator nicht so sehr fern liegen. Und es ging auf den Sommer zu. Dementsprechend war es bei mir warm. Meine kälteste Temperatur hatte ich wohl in Mumbai mit knapp 30 Grad. Am wärmsten war es etwas weiter im Landesinneren, im historischen Hampi. Dort wurden 46 Grad gemessen. Ich mag Wärme und ich mochte auch die 46 Grad. Zusätzlich war es trocken, windstill und die Sonne brannte. Sehr angenehm für mein Empfinden.
Natürlich ist mir aber auch bewusst, dass es auch ganz andere Temperaturen geben kann, Indien ist schließlich etwas größer als Spanien, Portugal, Frankreich und Deutschland zusammen. Und Indien beherbergt ein monströses Gebirge mir den höchsten Bergen der Welt. Natürlich hat es dort oben im Winter keine 46 Grad. Dort erfrieren Menschen, die zum Beispiel auf der Flucht aus Tibet sind.
Irgendwann werde ich auch noch weitere Landesteile Indiens erforschen!
Und ist Indien wirklich dreckig? Oh ja!
Ich muss dazu sagen, dass Indien auch meine erste asiatische Erfahrung war. Ich wusste vorher nicht, dass es in Indien keine oder kaum eine öffentliche Müllentsorgung gibt. Jeder ist für seinen Müll selbst verantwortlich. Das bedeutet, dass an sehr vielen Stellen Müll einfach verbrannt wird und an mindestens genauso vielen Stellen Müll einfach rumliegt. Leider ist das auch in den Nationalparks der Fall. Und dort hat es mich wirklich gestört. Im Alltag habe ich das innerhalb kürzester Zeit nicht mehr so wahr genommen und dann trotzdem auch mal fotografiert, weil ich nicht nur ein heiles Indien darstellen und in Erinnerung behalten wollte, sondern alle Seiten dokumentieren wollte.
Durch den Müll und die Verbrennungen stinkt es auch immer wieder mal. Und in Mumbai selbst tut auch der Slum hierzu seinen Teil. Wenn man vom Flughafen ins Zentrum fährt, kommt man durch den Slum. Das sind mit die ersten Eindrücke, die ich gesammelt hatte, und kurz war ich schon schockiert. Mehr aber vom Geruch als vom Aussehen, denn es stank wirklich nach Kloake. Dieser Geruch kam immer wieder mal durch in der Stadt und auch in anderen größeren Städten. Es liest sich aber viel schlimmer, als es in Wirklichkeit war.
Und es gibt ja auch die vielen tollen Gerüche, die sich zu einem unerklärlichen Mix mischen. Viele dieser Gerüche sind einer europäischen Nase relativ bis sehr fremd, und so ist das natürlich aufregend. In Mumbai zum Beispiel gibt es unheimlich viele sehr kleine Läden, die alle zur Straße in geöffnet sind. Dort befinden sich auf einer Länge von zwanzig Metern ein Stoffladen, ein Gewürzladen, ein Schuhmacher, eine Werkstatt für Motoren, eine Bäckerei, ein Internetcafé, ein Tabakladen, ein Restaurant und ein Hoteleingang. Nur mal so als Beispiel. Davor steht dann noch ein fliegender Händler und Chai wird aus Kannen verkauft und dampft. Auf diesen paar Metern liegt eine Katze an der Wand und zwei Kühe wühlen sich durchs Gedränge aus vielleicht fünfzig Menschen auf dieser kurzen Strecke. Kein Wunder, dass sich ein für uns unbekannter Mix ergibt, oder? In Deutschland empfand ich nach meinem Aufenthalt alles als langweilig, trist und grau. Eine Freundin sagte diesbezüglich zu mir: wenn man jetzt einen Inder nach Deutschland holt und dort auf einem Bauernhof abstellt, auf dem gerade frisches Heu für die Kühe eingelagert wird und aus dessen Küche es nach Braten, Rotkohl und Klößen riecht, dann wäre das für ihn vermutlich genauso spannend. Sie mag wohl damit Recht haben.
Indien ist bunt? Oh ja, Indien ist sogar sehr bunt, an allen Ecken und Kanten und auch überall, wo es weder Ecken noch Kanten gibt! Dies fängt schon an bei der Kleidung. Frauen und Mädchen sind hierbei weit kreativer als die Jungs. Ihre übrigens nicht halbwegs so keuschen Kleider wie man vermuten sollte strahlen in allen Farben. Wenn man ein Gruppenbild macht, kann es gut sein, dass man die komplette Farbpalette abgelichtet hat. Damit aber nicht genug!
Die Autos sind bunt! Von außen trifft das vor allem auf Busse und LKWs zu, die oft sehr liebevoll verziert sind. In jedem Fahrzeug, dass ich in Indien betreten habe befand sich eine Art Schrein mit Heiligenbild und oft auch Schmuck und Räucherstäbchen. Wenn das in Deutschland Jemand machen würde, den würde man wohl für verrückt erklären. Dort ist es aber üblich und ich mochte es sehr.
Bunt sind auch die Ketten und Tücher und Schals, die gerade in touristischen Gebieten immer angeboten werden. Auch die touristische Kleidung gibt es in jeglicher wilder Farbkombination! Ich persönlich mag ja diesebunten asiatischen Fischerhemden und hab auch zwei zuhause. Da werde sogar ich zum Hippie. Leider ist mir eines zu klein und eines zu groß, aber das tut ja nichts zur Sache. In Indien getragen habe ich sie nicht, da sie dort als Männerkleidung gelten. Zuhause aber schon.
In Indien gibt es auch wunderbar bunte Blüten, und Bäume mit komplett orangenen oder pinken Blättern. Besonders bunt wird es natürlich auf Marktplätzen. Dort gibt es schließlich all die bunten Stoffe und die Kleidung und die Taschen. Und natürlich die Gewürze und noch viel mehr: das Gemüse und das Obst. Wenn man sich dort das Obst ansieht, hat das eine ganz andere Farbe als in Deutschland. Eine Ananas ist dunkelgelb. Nicht wie ein Deutschland im Supermarkt braungrün. Und sie schmeckt! Dazu aber später mehr! Farbe gibt es aber noch mehr: In Goa und teilweise Kerala auch, wenn man sich die Hausfassaden ansieht.
Und selbst im nicht so bunten Mumbai habe ich doch unheimlich viel Farbe entdeckt, nämlich wenn ich auf die kleinen verspielten Details geachtet habe. Ein bunter Blumenteppich an einer Hauswand. Eine bunte Satue von Ganesha, dem Elefantengott. Oder auch einfach ein bunt lackierter Zaun. Farbe ist überall, und das macht es sehr liebenswert. Und das sage ich, obwohl ich noch gar nicht die als besonders bunt geltenden Orte besucht habe, vielleicht mit Ausnahme von Cochin. Jodhpur und Jaipur stehen erst noch auf meiner Liste.
Anja beschäftigt sich dann mit prächtigen Bauten. Ehrlich gesagt war mir vor meinem Aufenthalt dort nicht bewusst, dass es so viele prächtige Bauten gibt. Und ich habe auch nicht viele der berühmten gesehen, denn auch der Taj Mahal ist erst nächstes Mal fällig. In den zwei Wochen konnte ich einfach nur einen kleinen Teil des irre großen Landes sehen. Ich habe beim Lesen schon immer wieder von einem Fort oder einem Tempel gelesen, dass es jedoch unzählige prächtige Bauwerke an unvermuteten Stellen gibt war mir nicht bekannt. In Mumbai angekommen ließ ich mich zum Gateway of India fahren, wo ich noch vor 6 Uhr ankam. Deswegen ist der Platz auf meinem Foto auch so leer. Dann verbrachte dann erst mal den Tag auf der Elephanata Island. Als ich am späten Nachmittag mit der Fähre wieder in Mumbai anlegte, war ich bereits fast 40 Stunden auf den Beinen und brauchte Schlaf, machte mich also direkt auf ins Hotel. Das lag nur ein kurzes Stück vom Gateway entfernt direkt in der großen Straße, in der sich auch das berühmte Leopold’s befindet. Natürlich wusste ich von der Kolonialzeit. Dass sich das in Mumbai aber so extrem auswirkte, sah ich erst am nächsten Tag, als ich zu Fuß durch die Stadt in Richtung Chowpatty streifte und an all den imposanten viktorianischen Gebäuden vorbei kam!
Doch es gibt nicht nur viktorianische interessante Gebäude, die ich als prächtig bezeichnen würde. Tempel, Botschaften, Organisationen, sie alle haben herrliche Gebäude in den verschiedensten Farben!
Ich habe die Tempelstadt Hampi besucht, seit einiger Zeit Weltkulturerbe der Unesco. Ich glaube, das hätte die Unesco mal lieber bleiben lassen sollen. Nicht weil Hampi es nicht wert wäre, sondern weil die Regierung daraufhin beschlossen hatte, dass man Hampi als touristischen Ort halten sollte. Aus diesem Grund wurden viele Menschen umgesiedelt. Die Häuser wurden einfach abgerissen, ganze Straßenzüge entfernt und halb abgerissene Häuser stehen noch. So finde ich dort nicht nur Tempelruinen. Das ist dann doch weniger prächtig. Nur noch einen kleinen Stadtkern mit Läden und Guesthouses gibt es hier, das Leben hat sich auf die andere Seite des Flusses verlagert. Das finde ich wirklich schade, ich hätte Hampi lieber in seinem ursprünglichen Zustand gesehen und kann auch diese Entscheidung überhaupt nicht nachvollziehen. Die prächtigen Tempelruinen Hampis sind gigantisch, die Felsen rund um die Stadt ein tolles Motiv und die Reisfelder sind saftig grün. Schade, dass so etwas daraus gemacht wurde und die Einwohner einfach vertrieben wurden und teilweise auch keine Entschädigungen erhielten. Manche schliefen jetzt auf der Straße, manche bauten sich eine Existenz andernorts auf. Ein Schwesterntrio aus Hampi war in Gokarna am Strand als Schmuckverkäufer unterwegs. Immer wieder besuchten sie alle drei unsere Gruppe. Da sie dabei nicht aufdringlich sondern nett waren (zum Beispiel ein Naturheilmittel gegen einen Cut vom Bouldern brachten), kamen wir lange und ausgiebig ins Gespräch. Ihr Haus wurde abgerissen, sie und ihr Bruder lebten darin. Es gab keine Entschädigung, so dass sie auch kein neues Haus bauen konnten. Deswegen verließen sie den Ort ganz und lebten nun die meiste Zeit des Jahres in Gokarna. Hier zeige ich dir den Vergleich zwischen den Ruinen:
Kommen wir nun zum indischen Essen. Ich muss zunächst mal sagen, dass ich unfassbares Glück habe! In Nürnberg gibt es nämlich einen Inder, der das Essen genau so zubereitet, wie ich es in Indien gegessen habe. Und ich muss gleich sagen, dass ich nicht nur an touristischen Punkten gegessen habe. Ich bin auch im Niemandsland umgestiegen und habe dort am Straßenstand eingekauft. Dort wo auch die Inder Schlange standen.
Bereits als Kind durfte ich erste Einblicke in die indische Küche erhalten, als meine Eltern ein indisches Restaurant in Fürth entdeckten. Vor Kurzem sagten sie mir, dass wir dort gar nicht so oft zu Gast waren. Ich hatte das irgendwie anders in Erinnerung, und schon als Kind liebte ich dieses Essen! Und so ist es auch heute. Ich liebe es! Ich könnte mich problemlos wochenlang davon ernähren. Und: indischen Essen kann scharf sein, muss es aber nicht. Allerdings ist diese Aussage aus meinem Mund relativ wertlos für den Otto-Normalverbraucher. Ich bin Jemand, der Sambal Oelek mit dem Löffel essen kann und das früher auch getan hat. Warum ich es heute nicht mehr tun kann, erkläre ich später noch.
Ich habe in Indien alles Mögliche ausprobiert, weil ich die ganze Palette kennen lernen wollte. Vom vegetarischen Sandwich mit Toast über Samosa bis zu verschiedenen Curries und Tandooris war alles dabei. Und ausnahmslos alles war lecker! Besonders mochte ich die Früchte! Aber Vorsicht!
Wenn du einmal im tropischeren Bereich Früchte gegessen hast, werden sie dir vermutlich zuhause nicht mehr so wirklich schmecken. Ich habe ja vorhin schon die Ananas erwähnt. Bei ihr wird es besonders deutlich. Am Strand haben wir uns eine Ananas gekauft, kann man ja nicht viel falsch machen damit. Mit einem Taschenmesser wurde sie aufgeschnitten und verteilt und dabei wurde schon deutlich: das Ding ist mega saftig. Ich hielt ein Stück in den Händen, was vielleicht drei mal fünf Zentimeter groß war. Der Saft rann mir den Arm hinunter bis zum Ellbogen. Das Fruchtfleisch war weich und so gar nicht faserig. In meinem Mund explodierte eine unheimliche Süße. Der Wahnsinn! Die beste Ananas meines Lebens. In Deutschland habe ich es dann mal noch mit einer Babyananas versucht, die auch sehr gelb war. Nun ja, für deutsche Verhältnisse war sie saftig, aber nichts im Vergleich zu denen in Indien! Wenn man eine Dosenananas nimmt…. das kommt hin. So saftig ungefähr ist eine frische Ananas in Indien. Sie schmeckt allerdings ganz anders.
Mit der Kokosnuss verhält es sich ähnlich. Während man in Deutschland kämpfen muss, um das Kokosfleisch aus der Schale zu bekommen, ließ es sich in Indien ohne Werkzeug nur mit den Händen ganz einfach von der Schale lösen. Wenn ich in Deutschland eine frische Kokosnuss esse, habe ich immer das Gefühl, dass sich in meinem Mund ein trockener Breiklumpen bildet, der immer größer wird. Ein bisschen so, als hätte man Sägespäne im Mund. Das Fruchtfleisch der Kokosnuss in Indien war weich und zart.
Natürlich muss man auch trinken. Wasser habe ich immer in Flaschen gekauft, nur ein einziges Mal aus einem Frischwassertank in einem Nationalpark genommen, und da auch nur ein paar Schluck, weil ich bereits etwas dehydriert war. Nicht die beste Idee, sich zur Mittagshitze ein Fahrrad zu leihen und damit durch den Nationalpark zu strampeln, so ohne Gangschaltung und so. Ansonsten in Mumbai nur aus Flaschen, also nur fertig Fabriziertes. Cola, Pepsi und so ein Zeug.
In Goa habe ich dann wie du hier siehst auch angefangen Säfte zu trinken. Und das hat sich sowas von gelohnt! Im Bild siehst du einen Limette-Minze-Saft und einen Chai. In Arambol habe ich einen Wassermelone-Ingwer-Minze-Saft getrunken. Man muss dazu sagen, dass ich Wassermelone eigentlich nicht mag und noch nie mochte, zumindest in Deutschland nicht. Ein saftiges Stück Geschmacksneutralität. Ich denke das ist ähnlich wie mit der Ananas. Denn dort war es top! Das beste Getränk meiner Reise. Ich behaupte: definitiv das beste Getränk meines Lebens! Die Säfte sehen manchmal wirklich giftig aus, da wären wir wieder beim knallbunt. Aber sie schmecken. Und ich habe an einigen Stellen gesehen, wie die Früchte frisch gepresst werden und geshakt oder zu Lassi verarbeitet. Lassi mag ich ja sowieso voll gerne.
Chai wird in Zügen und an großen Plätzen aus großen Kannen verkauft. Man kann ihn also wirklich überall bekommen. Und ich habe ihn auch zu jeder Mahlzeit genossen, egal was ich sonst noch an Getränken auf dem Tisch hatte. Ich habe fertig abgepackten Chai am Flughafen gekauft, aber am besten ist der Chai aus den Gewürzen, die ich mir vom Markt mitgenommen habe.
Was mir auch erspart geblieben ist, ist der für Viele so obligatorische Durchfall. Also eigentlich bin ich prädestiniert dafür, denn ich schleppe da so ein Ding mit mir rum. Ich leide unter einer chronischen Darmentzündung. Oft leide ich darunter nicht wirklich, aber es zieht sich so durch mein Leben und es beeinflusst immer wieder, was ich zu bestimmten Zeiten essen kann und was nicht, wenn ich Probleme vermeiden will. Das ist auch der Grund, warum ich heute kein Sambal Oelek mehr vertrage. Pack dir Chili in eine Fleischwunde, dann weißt du wovon ich spreche. Manchmal nehme ich das in Kauf, weil ich scharfes Essen so gerne mag. Auch in Indien habe ich das getan. Die bekannten Schmerzen hatte ich daher ein mal. Durchfall hatte ich aber kein einziges Mal, nicht mal annähernd. Und das obwohl ich am Straßenrand gegessen habe. Wenn ich so drüber nachdenke, dann habe ich eigentlich nur zuhause Probleme mit dieser Geschichte. Unterwegs eigentlich fast noch nie. Das sollte mir wohl zu denken geben. Und warum heißt der indische Durchfall eigentlich Dehli Belly?
Alles in Allem war ich sehr beeindruckt von Indien und die Erlebnisse haben mich noch eine ganze Weile sehr beeinflusst. Als ich in Deutschland zurück war, wollte ich gleich gar nicht mehr einkaufen gehen. Ich mag das sowieso nicht, aber danach war es ein Graus. Ich möchte frisches Obst, aber das passt mir alles nicht. Ich möchte frische Minze, die nicht schon ganz zusammengerunzelt ist. Ingwer, der innen nicht holzig ist. Ich laufe zwischen den Regalen hin und her und versuche, mich halbwegs zurecht zu finden und fühle mich völlig deplatziert. Schlimm! Auch im Straßenverkehr ging es mir ähnlich. Ich bin Rollerfahrer und seit ich in Indien war, fahre ich forscher. Das heißt nicht, dass ich nicht mehr mit Vor- und Übersicht fahre, aber manchmal mache ich jetzt so Sachen wie zwischen wartenden Autos durchfahren. Hab ich früher nie gemacht. Und anfangs fehlten mir all die Fahrzeuge um mich rum und erstrecht das Hupen. Einmal habe ich mir das dann um mich herum vorgestellt und dabei musste ich wirklich lachen.
Ich vermisse Indien und ich werde es sicher wieder bereisen. Zu viel auf der Landkarte ist unberührt geblieben. Und natürlich möchte ich all die tollen Dinge wieder erleben, von denen ich gerade berichtet habe. Und auch die nicht so tollen, denn die gehören einfach dazu!