Geburtstags-London

13. März 2014
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Gibt es London im Abo? Wenn ja, dann habe ich wohl eines gebucht. In der Vergangenheit war ich so oft in London, und dann schlief diese Tradition irgendwie ein. Es gab schließlich noch so viel Anderes zu entdecken auf der Welt. Das gibt es immer noch, aber trotzdem habe ich London wieder entdeckt. Zum dritten Mal innerhalb eines halben Jahres verschlägt es mich nun nach London. Und diesmal bin ich endlich mal wieder nicht alleine unterwegs.

Der ganze Trip wurde relativ spontan gebucht. Angeregt hatte ich das schon ein paar Wochen vorher, doch da das Datum auf dem Geburtstag meiner Freundin lag, war es lange unsicher, ob wir fahren würden oder nicht. Während ich in den USA unterwegs war, buchte meine Freundin den Flug und überraschte mich damit. Ich war dann für Hotelauswahl und -buchung zuständig und erledigte dies direkt aus den USA. Somit war klar, dass ich nicht mal eine Woche zuhause sein würde, um wenige Stunden verpasste ich diese Marke.

Gebucht wurde auch diesmal ein Ryanair-Flug, in der Hoffnung dass der für Mittag angekündigte Rückflug nicht wieder wenige Tage vorher auf 7 Uhr vorverlegt wurde und man dann wieder eine Nacht am Flughafen hätte verbringen müssen. Und er wurde nicht verlegt! Wir konnten tatsächlich zwei Nächte vernünftig im Hotel verbringen! Zwei Tage vor Abflug wollte ich uns dann online einchecken und tat dies auf dem Handy. Das stürzte beim Eintragen der Ausweisdaten ab und Ryanair hatte somit unvollständige Daten meiner Papiere. Ich hatte schlimmste Befürchtungen, ging ich doch davon aus, dass mich eine Korrektur per Telefon Unsummen kosten würde und möglicherweise sogar die Buchung eines weiteren Flugplatzes billiger wäre. Freundlicherweise war die Hotline von Ryanair dann auch noch nicht zu erreichen, denn sie hat nämlich nur kurze Geschäftszeiten, von wegen 24-Stunden oder sowas in der Art. Um 9 Uhr konnte ich dann endlich anrufen, während ich die zwei Stunden Zwischenzeit bangte. Und dann: man half mir kostenlos und unkompliziert weiter, gab meine Daten per Telefon in die Maske ein, ich startete den Online-Vorgang neu und druckte Bordkarten mit den korrekten Daten.

Am Abflugtag hatte ich früh um 9 Uhr Schluss und sorgte zuhause für Ordnung und packte unsere Taschen, wobei man das eigentlich nicht als Packen bezeichnen kann. Um kurz nach 12 Uhr traf dann auch meine Freundin von der Arbeit ein und wir fuhren per Taxi zum Flughafen. Selten habe ich einen Taxifahrer erlebt, der so viel redete wie dieser und dann für eine mir bekannte Strecke knapp 4 Euro mehr auf dem Taxameter hatte als ich sonst immer berappen muss. Er fragte sogar, wo er entlang fahren soll, doch ich interpretierte seine Auswahlmöglichkeit falsch und schickte ihn über den Ring. Er nahm einen anderen Ring als ich dachte :)

Der Flieger brachte uns schnell und unproblematisch nach London, die Dauerwerbesendung Ryanair ignorierten wir einfach. Was wir nicht ignorieren konnten waren die Lippen einer Flugbegleiterin. Also ihre Lippen an sich waren nicht ungewöhnlich, doch ihre Art, diese mit einem Lippenstift hevorzuheben hatte mehr von Clownsmaske als von Stil oder Verschönerung. Die rote Farbe ging weit über die Ränder der Lippe selbst hinaus, selbst in den Mundwinkeln waren es zwei Millimeter zu viel. Und zwei Millimeter in einem Gesicht macht schon etwas aus.

Vom Flughafen aus nahmen wir den National Express, nicht nur weil er deutlich billiger ist als die Expresszüge sondern auch, weil unser Hotel in Golders Green lag, was der erste Busstop in Richtung London ist und relativ weit außerhalb liegt. Von den Zugstationen aus wären wir da auch noch eine ganze Weile unterwegs gewesen, so dass wir uns nicht nur Geld sondern auch Zeit sparten auf diese Weise.

Einchecken im Hotel war ebenfalls kein Problem. Und dann kamen die Gänge. Unser Hotel verfügte über ebenso lange wie schmale Gänge. Ich bin aber Einiges gewohnt von englischen Hotels, hatte auch schon mal Treppen, in denen eine Stufe fehlte. Dies war hier nicht der Fall. Ich hatte nicht das Billigste gewählt und die Fotos hatten einen guten Eindruck gemacht. Die Realität sah etwas anders aus als die Fotos, war aber auch nicht schlecht. Die Bewertungen sind sehr durchwachsen, doch wir waren mit unserer Unterkunft zufrieden. Obwohl ich sicher bin, dass wir diesen Standard auch billiger hätten bekommen können.

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Nach einem kurzen Lage sondieren zogen wir wieder los in Richtung City, ab zum Leicester Square. Wir wollten schließlich am Folgetag (dem Geburtstag!) ins Musical und dort möglichst günstige Tickets bekommen. Das klappte allerdings nicht, wir wurden auf den nächsten Tag vertröstet. Macht aber nichts, dann gingen wir eben erst mal schön essen in eines der vielen Steakhouses, direkt am Leicester Square. Das war ordentlich teuer, aber auch ordentlich gut! Witzigerweise war unsere Bedienung deutschsprachig, und als ich auf englisch nach den Sidedishes fragte, antwortete sie auf deutsch. Das Essen war hervorragend und der Wein ebenso, und so genossen wir unser „Date“, das erste außerhalb der Heimat.

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Im Anschluss enterten wir den M&M-Shop und brauchten dort eine ganze Weile, bis es zum Piccadilly Circus weiter ging. Die Atmosphäre dort ist einfach unschlagbar und Carina verglich sie mit dem Times Sqare. Den scheine ich auch sehen zu müssen…

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Inzwischen war es natürlich längst dunkel und obwohl wir absolut müde waren, fuhren wir noch zum Big Ben, weil der beleuchtete Anblick des Uhrturms und auch des London Eye gleich nebenan einfach schön ist. Auf der Heimfahrt in der U-Bahn tat es dann einmal kurz einen kleinen Schlag, als die M&M-Tüte beim Einschlafen aus der Hand fiel und auf dem Boden landete, doch wir schafften es dann doch noch ins Hotel und somit auch ins Bett.

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Am nächsten Morgen waren wir positiv überrascht vom Frühstück im Hotel, das in den Bewertungen sehr schlecht abschnitt. Ich habe schon ganz andere englische Hotelfrühstücke gesehen und war froh über verschiedene Getränke, frische Zutaten (Tomaten, Gurken, Thunfisch- und Eiersalat), Marmeladen, Toast und Bagel sowie verschiedene Cerealien. Letztere ließen wir unangerührt. Gestärkt ging es dann zum Shoppen, wofür ich deutlich mehr Stärkung nötig hätte als meine Freundin, die das von Herzen gerne tut.

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Der erste Stop war nur wenige Stationen entfernt, wir verließen die Northern Line schon an der Station Chalk Farm und durchstreiften die Camden Horse Stables. Ich hatte einige Zeit dafür einkalkuliert, aber am Ende waren wir dann doch deutlich länger dort als vermutet. Es hat sich auch gelohnt, wir fanden Schilder und Shirts und indisches Essen und verbrachten vor Allem fast eine Stunde bei Cyberdog.

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Das Sortiment an Verrücktheiten hier ist der Wahnsinn und so ist auch der Laden aufgemacht. Es ist fast, als würde man einen Club betreten, auf zwei Balkonen wird unter Schwarzlicht zu dröhnenden Beats getanzt, und das ist nur der Eingangsbereich. Fotografieren konnte ich leider nur heimlich, was ich immerhin ein bisschen geschafft habe, im Gegensatz zu Carina, die bei jedem Versuch sofort erwischt wurde. Meine größte Errungenschaft sind wohl die farbigen Kontaktlinsen, die bei einem der nächsten Discobesuche sicher eingesetzt werden. Ich hätte auch sehr gerne ein 3D-Shirt gehabt, doch als ich es anprobiert hatte, fühlte ich mich dann nicht wohl darin und entschied mich doch dagegen, ebenso wie ich mich gegen die Shirts entschied, bei denen Bilder sich im Takt der Musik bewegen – zu teuer. Und trotzdem hatten wir am Ende 3 Cyberdogtüten in den Händen.

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Von Cyberdog aus ging es dann an all den netten Hausfassaden vorbei Richtung Camden Town U-Bahnstation und von dort weiter zum Leicester Square. Tickets sollten schließlich noch geholt werden. Was uns am Vortag zugesichert wurde – nämlich Discounttickets – konnte dann nicht erfüllt werden. Da wir unbedingt „We will rock you“ wollten, blieb uns keine Wahl. Tickets zum Normalpreis mussten her. Und wenn schon, dann richtig. Weit vorne in der Mitte. Gut so!

Dann weiter zur Oxford Street, denn heute gibt es volles Shoppingprogramm. Wir mussten noch an einigen Geldautomaten halten, bis Carina wieder Geld in der Hand hatte, es brauchte einen Automaten in einer richtigen Bank. Die Wechselstuben akzeptierten die EC-Karte alle nicht. Nach einigen Metern entlang der Oxford Street war dann das Ziel Primark erreicht und ereilte mich sozusagen. Primark war so voll, dass man meist nicht an die Sachen ran kam, an die man ran gewollt hatte. So gab ich an einigen Stellen immer wieder auf. Anprobieren war auch nicht möglich, weil die Warteschlangen so lang waren, dass man dafür mindestens eine Stunde hätte einplanen müssen. Während Carinas Korb immer voller wurde (sie ist da offensichtlich gut im Schätzen, dann als sie dann im Hotel alles anprobierte passte auch wirklich alles), gab ich nach kurzer Zeit auf. Entnervt von den unfreundlichen, mich umherschiebenden Menschenmassen wartete ich dann einfach nur noch auf das Shoppingende. Gigantisch war dann unser Kassierer. Ich habe noch nie einen Menschen so langsam handeln gesehen. Erst schüttelte ich den Kopf, doch dann begriff ich, dass dies seine einzige Chance ist, in diesem Chaos nicht unterzugehen und sich nicht von der Hektik, die überall im Laden spürbar ist, anstecken zu lassen und bewunderte ihn für seine Gelassenheit.

primark

Nach Primark war es zeitlich schon verdammt knapp. Also nichts mehr mit Carnaby Street und Photographers Gallery und dergleichen. Es ging zurück ins Hotel, unsere Einkäufe verstauen und uns fürs Musical fertig machen.

Hunger hatten wir dank Mittagessen in den Stable Markets keinen, so konnten wir diese Zeit in die Dusche investieren und waren fresh und pünktlich am Musical. Mit Skittles, M&Ms und Carlsberg enterten wir unsere Plätze und während Carina unheimlich gespannt war, freute ich mich einfach nur auf den Beginn. Ich hatte das Musical ja im September schon gesehen und war danach so fasziniert und im Queen-Fieber, dass ich Carina sofort damit angesteckt hatte. Deswegen gab es ja auch keine Alternative zu dieser Vorstellung. Und ich muss sagen, es hat sich gelohnt! Auch beim zweiten Mal sehen war es gigantisch. Zwar kannte ich die Jokes bereits, doch über manche musste ich immer noch lachen. Und die musikalische Darbietung war auch heute einfach top.

dominion

Euphorisiert zogen wir danach durch die Straßen auf der Suche nach einer netten Bar, doch im direkten Umfeld des Dominions fanden wir nur Restaurants. Da wir im Hotel auch noch Pear Cider stehen hatten, entschieden wir uns dann für eine Rückkehr und holten bei Sainsburys noch Pies, denn ein Pie ist inzwischen einfach Pflicht für mich, wenn ich in England bin. Und auch Carina mundete es.

Am nächsten Morgen direkt nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Bus. Das war gar nicht so einfach, wie sich dann herausstellte. Der Bus hält auf dem Rückweg nämlich nicht so wie er es auf dem Hinweg tut bzw nicht einfach an der Haltestelle gegenüber. Hätte ich bei meinen vergangenen Trips nicht immer im Bus geschlafen, hätte ich das gewusst. So wussten wir nicht, wo genau der Bus abfährt, erkannten aber schnell, dass er nicht da fährt wo wir vermutet hatten. Dann fragten wir eben nach, direkt an der Straßenkreuzung fanden wir sogar ein Büro von National Express. Der Herr dort am Schalter sagte, die Haltestelle liege direkt rechts vom Büro. Ich fragte sogar einmal nach und er bestätigte seine Aussage. Dann gingen wir zur Haltestelle direkt rechts vom Büro und fanden auch dort keinen Hinweis auf National Express. Wir warteten eine Weile, bis ich am Vorplatz vom Bahnhof den Bus erspähte. Ich konnte es gerade noch so erkennen. Wir beeilten uns, doch der Bus war weg. Nicht so schlimm, denn der Bus fährt alle 20 Minuten, und wir hatten etwas Puffer. Dann kam der nächste Bus und war voll. So langsam wurde ich dann doch nervös, denn der größte Teil unseres Puffers war auf diese Weise einfach mal verpufft. In den dritten Bus passten wir dann rein und kamen doch pünktlich am Flughafen an.

Der Security Check dauerte heute etwas länger, mein Rucksack wurde mal wieder gefilzt, denn leider sieht das Stück Seife auf dem Bildschirm genauso aus wie Sprengstoff. Starbucks versorgte uns noch mit Chai Latte und WHSmith mit Sandwiches. Auch Pies wurden eingepackt, für zuhause. Der Flog hob pünktlich ab und landete überpünktlich in Nürnberg, so dass wir auch diesmal wieder die dämliche Pünktlichkeitsfanfare hören durften. Inzwischen gibt es bei Ryanair übrigens auch feste Plätze, nichts mehr mit freier Sitzplatzwahl. Dank dämlichem Buchungssystem saßen wir auf dem Rückflug getrennt, doch die kurze Zeit überlebten wir glücklicherweise.

Eigentlich wollten wir dann ja U-Bahn fahren, doch die Bequemlichkeit siegte und ließ uns in ein Taxi steigen. Back home!

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