Ich habe es dann doch noch hinbekommen, dass die Spülmaschine läuft. Und grade so innerhalb der möglichen Zeit im Hotel habe ich es hinbekommen zu bloggen. Frühstück war da noch Fehlanzeige. Dann ein schneller Checkout. Die Dame an der Rezeption fragte wie der Aufenthalt war und ich sagte ehrlich „naja, okay“. Sie kuckt erstaunt. Anscheinend ist dort nie Jemand ehrlich. Sie fragt was wir nun machen, ob wir zurück nachhause fahren. Ich antworte mit unserer Route und sie zuckt erneut mit den Augenbrauen. Nach Calais? Da regnet es doch immer. Ich sage, dass das wohl ein Vorurteil ist und sie sagt, dass das wirklich wahr sei. Als ob ich nicht schon ein paar Mal von Calais nach Dover und zurück gefahren wäre. Ich glaube, es hat dabei nie geregnet. Ich hätte ihr antworten sollen, dass dort ja auch im Hochsommer die Zehen abfrieren, aber ich war schon bissig genug.
Bevor es richtig los ging holten wir uns im Supermarkt noch ein paar Sandwiches, denn dem angeblichen 4Sterne-Palast wollten wir nicht auch noch 32 Euro für Frühstück in den Rachen werfen.
Also wieder ab auf die Autobahn. Diesmal habe ich das Mautsystem bereits intus, so dass Carina beruhigt schlafen kann. Nach 200 Kilometern steht unser erster Programmpunkt an. Das eigentlich erste Ziel – ein Reiterdenkmal- lassen wir aus Zeitgründen weg und so landen wir in Etaples und besuchen dort einen Friedhof. Warum das?
Nun es handelt sich hier nicht um irgendeinen Friedhof sondern um den größten alliierten Friedhof des ersten Weltkriegs, der Bestandteil der „Wege der Erinnerung 14-18“ ist. Der Eingang ist ein großes Mahnmal und auch der Friedhof selber ist Mahnmal genug. Ein Grabstein neben dem Anderen. Ich bin überrascht von der Bepflanzung, habe ich doch nur Steine erwartet. Seltsam beklemmend fühlt sich das an. Und gleichzeitig macht es froh, dass wir gerade nicht in einer solchen Zeit leben. Vor Allem wenn man auf die Altersangaben auf den Grabsteinen blickt. Ich weiß gar nicht, wie oft ich dort 20-25 Jahre las. Da hat das Leben noch nicht mal richtig angefangen und schon ist es vorbei.
Die nächste Station der Erinnerung ist ein ganz kleiner örtlicher Friedhof in Saint-Etienne-au-Mont. Wir halten bei der Bäckerei gegenüber und gehen an einigen halb verfallenen Gräbern vorbei. Am Ende des Friedhofs sehen wir bereits das Mahnmal. Es ist einem chinesischen Tempel nachempfunden. Das mag verwundern, doch hier liegen auch 160 hauptsächlich chinesische freiwillige Frontarbeiter. Wenn man aber weiß, dass auch 80000 Chinesen an Aufräumarbeiten beteiligt waren, verwundert das nicht mehr. Wie auch immer und vor Allem warum zu den Zeiten so viele chinesische Immigranten in Frankreich lebten….
Auf dem Rückweg zum Auto entdecken wir an einigen Gräbern Namen von Leuten, die zwar Geburtsjahre da stehen haben, aber noch keine Sterbejahre. Wir finden dann bei genauerem Betrachten sogar sehr viele davon. In Nordfrankreich scheint man sich also schon vor dem Tod auf dem Grabstein einzumeißeln. Wir haben sogar ein Familiengrab gefunden, auf dem nur Namen verzeichnet waren mit Geburtsjahren, noch kein Einziger mit Todesjahr. Wir empfanden das als sehr makaber.
Im Anschluss ging es weiter an der Opalküste entlang nach Norden nach Wimereux. Dort wollen wir ebenfalls einen Friedhof besuchen, auf dem viele Krankenschwestern und Sanitäter liegen. Das Navi brachte uns auch nahe ran, aber die Straße war gesperrt. Dann fahren wir eben im Kreis herum und nähern uns von der anderen Seite, dachten wir. Aber das war auch nicht möglich, denn auch von hier war die Straße gesperrt. Spontan entscheiden wir uns für einen kurzen Stop an der Küste mit ihren Felsen und Kitesurfern.
Nach einem kurzen Aufenthalt ging es auch schon wieder weiter. Wir fuhren durch herrliche Landschaften. Die Gegend erinnert mich sehr an Südengland. Ich mag Südengland. Das darf man einem Franzosen ja wahrscheinlich nicht sagen, dass einen Frankreich an England erinnert. Mit dem Zusatz, dass man das mag, wird es aber vielleicht annehmbar. Wir versuchen während der Fahrt einigermaßen brauchbare Bilder zu schießen, was sich als sehr schwierig herausstellt.
Bald kommen wir am Cap-Blanc-Nez an und dort weht es uns fast weg. Es windet wirklich so heftig, dass wir Mühe haben zu gehen. Wir kämpfen uns aber durch und erreichen den Zielpunkt. Hier handelt es sich um ein Denkmal südlich von Calais, das zu Ehren der Dover Patrol im ersten Weltkrieg errichtet wurde. Auch im zweiten Weltkrieg war diese Stelle sehr brisant. Hitler hatte das Gebiet erobert und von dort aus den Ärmelkanal überwacht. Vom Obelisk aus sieht man noch die Stelle, wo ein Radarsender montiert war. Der Betonsockel ist noch vorhanden. Ebenso sind noch Betonbunker in den Felsen vorhanden und einige noch deutlich sichtbare Bombenkrater.
Langsam werden wir des Fahrens müde. So trifft es sich gut, dass unser nächster Stop das Hotel in Dunkerque ist. Nach einer guten halben Stunde erreichen wir unser Ziel und freuen uns über das Zimmer. Unser Hotel L’Hirondelle hat zwei Sterne. Wir begutachten unser Zimmer und stellen Beide sofort fest, dass der Standard hier mindestens so hoch ist wie in unserer tollen ****-Suite. Im Bad sind wir uns sogar einig, dass das hier besser und ordentlicher und sauberer ist. Wir sind also glücklich mit unserem Zimmer.
Als wir gerade das Hotel wieder verlassen, spricht uns eine Frau vor dem Eingang an. Sie stellt sich als Leiterin des Tourismusamtes vor und drückt uns eine Reihe Broschüren von Dunkerque in die Hand. Ich bin begeistert von diesem Service! Nach ein paar Minuten Konversation verabschieden wir uns und gehen in Richtung Strand.
Hier ist das Meer viel sanfter, auch der Wind nicht halb so stark. Wir finden Sandstrand und das Herz springt vor Freude. Wir befinden uns an einem Drehort des legendären „Willkommen bei den Sch’tis“ Film, den ich so gerne mag und den Carina sich extra vor der Abfahrt noch mit mir ansehen musste.
Direkt am Strand finden wir dann auch ein Restaurant. Für Carina gibt es einen Meeresfrüchteteller auf Sauerkraut. Ungewöhnliche Kombination, aber sehr schmackhaft. Und ich? Ich wage es tatsächlich. Mir wurde gesagt, dass ich unbedingt Muscheln essen muss und ich habe auch schon von den Muscheln mit Maroilles gehört. Maroilles ist ein unglaublich stinkender Käse. Ich habe ihn noch nie probiert und bisher auch noch nie gerochen, ich habe nur davon gehört. Also bestelle ich mir das eben! Muscheln mit Maroilles. Und: ich bin absolut begeistert! Ich bin mir nicht sicher, ob mir der Käse auch im kalten Zustand schmeckt, aber warm und zerlaufen ist er sehr lecker, und mit Muscheln einfach vorzüglich. Danke für diesen Tip!
Vom Essen aus können wir den Sonnenuntergang beobachten, der sich heute wirklich von seiner besten Seite zeigt. Als die Sonne weg ist, laufen wir zurück zum Hotel, in dem dann ein weiterer sehr guter Frankreich-Tag sein Ende findet.
Auf meiner Reise wurde ich unterstützt von der französischen Zentrale für Tourismus. In Dunkerque wurde ich vom regionalen Tourismusverband eingeladen. Ich bedanke mich hierfür! Meine Meinung schreibe ich natürlich trotzdem genau so wie sie ist. Ich bin hier wirklich begeistert!