Daytrip: SC Freiburg

Wenn Einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen… Reise ist zwar eigentlich zu viel für einen Tag im Bus von Fürth nach Freiburg und zurück, aber trotzdem reicht der Erzählstoff für Tage aus.

Wir, das sind meine damalige Mitbewohnerin Heidi und ich, fuhren also am 14.05.06 mit dem Bus, wohlgemerkt Fanbus, und dann auch noch vom Fanclub Weiße Rose -in Fürth für großes Zechen bekannt- nach Freiburg. Das Ganze war ein Geschenk für mich, weil ich früher schon oft dabei war, wenn Fürth den Aufstieg verpasst hat, so dass ich jetzt dabei sein sollte, wo Alle sicher waren, dass es diesmal reicht. Auf Grund diverser Vorfälle in Fürth schlägt mein Herz gar nicht mehr für die SpVgg, trotzdem hab ich mich gefreut und mich ein wenig von der Euphorie und dem Aberglauben um mich rum anstecken lassen. So trug ich beispielsweise nicht das Fürther Trikot, das ich bisher immer anhatte bei solchen Aktionen und auch nicht das Trikot von Surmann, dass ich bekommen hatte, als sie in Ulm nicht aufgestiegen waren. Ich trug Klamotten von St. Pauli, weil ich die auch trug, als Fürth gegen Rostock gewonnen hatte.

Früh um 9 sollte der Bus abfahren und siehe da, nur fünf Minuten später setzte er sich auch in Bewegung. Wir fuhren in einem Nichtraucherbus (sehr angenehm, insbesondere bei dem Publikum), hatten selbst für Verpflegung gesorgt. Ich hatte schon viel von solchen Fahrten gehört, und die Weiße Rose ist ja auch nicht gerade ein feines Lokal, sondern eher eine der letzten Absteigen in Fürth. Dementsprechend war auch das Publikum im Bus, aber das wusste ich ja vorher.
Der Großteil der Insassen war bereits vor der Abfahrt stockbetrunken und becherte im Bus kräftig weiter. Der Erste schlief auch bereits auf der Hinfahrt ein, und ausgerechnet der saß vor uns. Er war aber anständig, und pünktlich vor dem Stadion seltsamerweise wieder fit. Aber bis wir dort angekommen waren, sollte es noch dauern.
Unter nahezu unverständlichen Gesängen (die Sprache litt bereits enorm unter dem Alkoholpegel), ertrugen wir einen langen Stau bei Sinsheim. Wir waren also noch ewig von Freiburg weg, als sich abzeichnete, wir würden es nicht pünktlich schaffen.

“Keiner hat das im Radio gehört” – die A6 war schon am Vortag vollgesperrt und als Busfahrer sollte ich mich schon über die Strecke informieren, finde ich. Wenn ich irgendwohin fahre, dann weiß ich immer, wo auf der Strecke Baustellen sind und erst Recht weiß ich von Vollsperrungen und Ausweichrouten. Meine Stimmung sank ganz ganz tief. Da sitz ich in einem Bus mit lauter gröhlenden total dichten Leuten, um die ich gewöhnlich eine große Kurve machen würde… Wir tuckerten dann über die Landstraßen, nachdem wir nach ner guten Stunde an einer Ausfahrt angekommen waren. Bei der Abfahrt verloren wir den Bus hinter uns und mussten auf den auch noch warten. Echt toll.

Irgendwann ging es dann weiter und wir kamen eine halbe Stunde zu spät in Freiburg an, durchquerten noch die ganze Stadt und erreichten dann endlich das Stadion. Per sms wurde uns bereits mitgeteilt, dass Freiburg in Führung gegangen war. Ein 1:0 kann man aber egalisieren, und da Cottbus zurück lag, war noch nichts verloren. Den Bus verließen wir direkt vor dem Gästeeingang. Dann wurden wir von seltsamen Ordnern zurückgehalten, durften nur einzeln zum weiblichen durchsuchenden Personal. Könnte ja was passieren, wenn sich eine Schlange von 3 Frauen bilden würde, die alle einfach nur endlich da rein wollen. Anschließend mehr als penibel durchsucht (wenn alles okay is, bis auf das Handy in der Hosentasche, und ich nehm das Handy raus, damit man kucken kann, ob noch was Anderes da drin is, wieso werd ich dann nochmal von Kopf bis Fuß abgetastet?). Innen angekommen sahen wir zunächst gar nichts, weil der Stehblock überfüllt war und tausend größere Leute vor mir. Auch ganz unten sah man nichts, weil die Bande fast so hoch war wie ich und da Leute im Weg standen. Also holten wir uns was zu Trinken (alkoholfrei!) und zu Essen (leckeres Schnitzelbrötchen). Zur zweiten Halbzeit erkämpften wir uns einen Platz, an dem wir relativ gut sehen konnten.

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Relativ weil: der Gästeblock so in ein Eck gepfercht ist, dass man von der Seite kaum das Spielfeld sieht. Der Block ist umgeben von dicken Zäunen, durch die das Kucken echt schwer fällt. Ich hab wirklich noch nirgends so einen Gästeblock gesehen. Was wir sahen, war auch nicht gerade berauschend, nämlich das Übliche beim Kleeblatt. Wenn es um etwas geht, folgt grundsätzlich ein absoluter Krampf auf dem Spielfeld, eine absolute Arbeitsverweigerung. Wenigstens gegen Ende des Spiels machte Fürth ein bisschen Druck und versuchte es zumindest, allerdings waren die Angriffe viel zu harmlos und in der Abwehr klafften große Löcher. Freiburg war nur zu blöd, dies zu nutzen, trotz einiger Gelegenheiten. Da ich vom Spielfeld wenig sah, konzentrierte ich mich auf die Fürther Anhänger. Die waren nämlich seltsamerweise lauter als Freiburg. Fürth ist normalerweise nie lauter. Nicht mal im heimischen Stadion. Da wird der Fürther Anhang locker von 200 Auswärtsfans übertönt. Mag sein, dass der Grund ist, dass ein Großteil nicht mehr in der Lage ist zu skandieren. Ich denke aber eher, es liegt daran, dass der Vorsänger ein ca 16jähriger ist, der mit einer kleinen Ultras-Gruppe im selben Alter (ich hab nichts am Alter auszusetzen und auch nichts an der Ultrabewegung an sich!!) moderne Liedchen trällern will, mit ausgefallenen Melodien. Die gängigen Schlachtrufe und Melodien werden recht selten angestimmt und sind dann aber immer halbwegs laut. Vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht, was das Jungvolk da singt, aber das Gros der Menge hat einfach zu viel Alk intus, um etwas Anspruchsvolleres als “We love you Kleeblatt, jawoll” zu singen. Und ebenfalls fehlt eine Verknüpfung zwischen diesen Ultras und den älteren Fans, die durchaus stimmgewaltig wären, aber halt nicht mitsingen, was “diese Kasper da plärren” (Zitat, nicht von mir). Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht. So verhält sich das hier. Dafür zahle ich gerne ins Phrasenschwein ;-)

Nach dem Abpfiff noch mal die Toiletten aufgesucht, damit man nicht im Bus gehen musste und an nem Fanartikelstand vor dem Stadion noch einen Freiburg-Pin geholt. Relativ schnell füllte sich auch der Bus und es konnte wieder losgehen. Diesmal erfuhren wir rechtzeitig von diversen Staus und nahmen gleich den Weg über die Landstraße. Trotzdem dauerte die Fahrt ewig, es schien als wolle sie nie enden.

Am Anfang war ich noch ein wenig traurig, dass ich wieder bei einem verpassten Aufstieg dabei war. Doch dann bekam ich eine Art Redeschwall und textete Heidi mit allem Möglichen zu. Um uns herum ein buntes Treiben, es wurde immer besser. Wir und drei andere “Jungs”, die noch klar waren, begannen, uns köstlich über den Rest zu amüsieren. Einer imitierte genial den Tunnelblick, wir wiesen uns immer auf die schönsten Situationen hin. Um uns herum war wirklich alles stockbesoffen, und wir haben so viel gelacht. Zum Beispiel als einer der Kandidaten beim Bier holen an die Frontscheibe knallte, als der Fahrer bremsen musste. Oder als der Eine fast vom Sitz kippte, weil ein Anderer auf seiner Schulter schlief.

Zwischendurch diskutierten wir ein wenig, warum Fürth nie aufsteigt (weil jedes Jahr die Leistungsträger abgegeben werden, sich das Team nie einspielen kann und keine ordentlichen Verstärkungen kommen und weil Fürth keinen Stürmer hat, auch wenn Eigler Torschützenkönig der zweiten Liga wurde, der kann nicht mal einen Ball stoppen). In dieser Diskussion wurde es hitziger, und als wir uns schon längst raus hielten, gingen zwei unserer Kandidaten fast aufeinander los und vertagten die Schlägerei auf den nächsten Parkplatz, um darauf ständig um eine Raucherpause zu bitten. Erst später vertrugen sie sich wieder, der Busfahrer fuhr glücklicherweise solange, bis dies getan war. Langsam wurde es dann auch dunkel und wir waren immer noch auf den Landstraßen, fern von zuhause.

pinkelpause

Unsere Lieblingsdarsteller erheiterten uns noch bis zur Ankunft in Fürth, wo wir den Bus verließen und uns schleunigst davon machten. Gute Nacht!

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