„Kannst du mich abholen?“ wurde ich gefragt.
Heidi, eine Freundin von mir ist Restaurantfachfrau und verschwindet immer wieder mal für ein halbes Jahr in verschiedene Richtungen. Mal nach Österreich, mal in den Norden. Diesmal war es Fehmarn, wo sie eine Sommersaison gearbeitet hatte. Nun ging die Saison zu Ende. Heidi hat keinen Führerschein, die Hinfahrt nach Fehmarn mit dem Zug und mehreren Rücksäcken und Reisetaschen war unheimlich anstrengend und kompliziert. Steig mal mit so viel Gepäck an einem Bahnhof um, wenn der Zug nur kurz hält. Daher die nachvollziehbare Frage, ob ich sie abholen könne. Nun, dann gestaltete sich das dienstplantechnisch aber etwas schwierig. Ich hatte im gewünschten Zeitraum maximal 24 Stunden am Stück frei. Die einzige Möglichkeit, Heidi von Fehmarn abzuholen war, am Morgen hin und am Abend zurück zu fahren. Wollte ich das? Nein, wollte ich nicht. Tat ich aber trotzdem.
Da ich auch kein Fahrzeug besitze, von meinem Motorroller mal abgesehen, aber da wäre dann ja sogar die Zugfahrt einfacher, wurde ein Mietwagen gebucht (auf Heidis Kosten), einen nagelneuen Golf hab ich bekommen. Der war grad paar Tage alt, hatte noch unter 1000km auf dem Zähler. Nett, dachte ich. Also auf gehts. Aber nein, vorher soll ich noch einen Kasten Krug-Bier holen und nach Fehmarn mitbringen. Fränkisches Mitbringsel für die dortigen Kollegen. Erledigt, also auf gehts.
Ab auf die Autobahn und irgendwie habe ich so gar keine Lust. Doch die Strecke ist schön frei, ich kann also schön Gas geben!!!! Da dachte ich, ich hab bisschen PS unterm Arsch – aber das war wohl nichts. Bei Tempo 200 flatterte das Auto schon gewaltig, sehr unruhige Fahreigenschaften. Mehr als 200 war nur bergab möglich. Ich hab mich dann so bei 160 oder 170 eingependelt und kam recht gut voran, bis ich dann auf die A7 musste. Die lässt sich nun mal nicht vermeiden, erst mal durchs Harz und durch die Kasseler Berge – wie ich diesen Streckenteil hasse! Danach dachte ich, kann ich wieder Tempo machen, hatte ja schließlich noch Einiges vor. Denkste. Ab Kassel und bis Hannover hatte ich entweder Baustelle (eine war 17,5km lang, das meiste davon mit Tempro 60 zu absolvieren) oder unverstandliches Tempolimit von 100 oder 120. Da hast du eine dreispurige Autobahn, keine Baustelle, wenig Verkehr, gutes Wetter, weit und breit keine Brücken oder Einfahrten oder Kreuze oder Wohnsiedlungen in Straßennähe, keine Kurven, keine Steigungen, kein Gefälle. Warum bitte diese Begrenzungen? Absolut unverständlich.
Irgendwann kam ich dann trotz des Limitärgers voran, freute mich dann doch auf den letzten Streckenteil, den ich mit zwei Sommerfreizeiten, die ich mit der Arbeit dort verbracht habe, positiv verbinde. Ich hatte auch überlegt, in Scharbeutz kurz raus zu fahren, an den Strand, dort paar Minuten sitzen und dann weiter. Aber da ich die Fehmarnsundbrücke bei Helligkeit erreichen wollte, ließ ich den Abstecher bleiben.
Die tolle Brücke war ehrlich gesagt Pipifax. Ich kann mir nicht erklären, warum Fehmarn darauf so stolz ist. Klar, der Blick ist schon nett, aber Blick auf die Ostsee gibts an vielen Stellen. Auch von Brücken aus. Und architekonisch wertvoll finde ich das Gebilde auch nicht. Es ist einfach eine 0815-Brücke über ein Ministück Meer. Kein Grund, im Reiseführer der Insel ca 150 mal abgebildet zu sein.
Auf Fehmarn selbst fand ich es optisch ganz nett, am meisten im Ortskern von Burg. Dort erreichte ich Heidis Arbeitgeber Doppeleiche ohne Probleme. Wir packten sofort die Taschen ins Auto, gingen dann noch Essen (eingeladen von Heidis Chef) und ab nachhause.
Den ganzen langen Weg zurück. Während ich beim Essen dachte, ich schaff das nie, ging es im Auto erstaunlich gut. Ich war fit, erstaunlich fit. Zwischendurch, so zwischen 200 und 450 zurückgelegten Rückwegskilometern hatte ich das Gefühl, dass sich die Strecke ewig zieht. Das fiel wieder mit den dämlichen Tempolimits zusammen. Ich war heilfroh, auf die A70 wechseln zu können und somit war nochmal durchdrücken bis zum Bodenblech angesagt.
Das letzte Bild lasse ich nun für sich sprechen. Es wurde aufgenommen, als ich das Auto vollgetankt und wieder geleert am Sixt-Parkplatz abstellte. Eigentlich hätte ich das Gesicht des Mitarbeiters ganz gerne gesehen, der wenige Stunden später den neuen Kilometerstand abliest.