Schon so oft habe ich festgestellt, dass viele Leute ständig nach Zielen in der Ferne suchen und nur davon erzählen, ihre Heimat und was man dort so erleben kann aber gar nicht kennen. Ich bin ebenfalls in der Ferne unterwegs, aber ich entdecke auch immer wieder mein näheres Umfeld. Ich war schon viel in Deutschland unterwegs und habe hier auch schon viel darüber berichtet. Was ich bisher aber nicht getan habe: einen Artikel über meine Heimat schreiben.
Was ist denn meine Heimat eigentlich? Der Ort, an dem ich geboren wurde? Der Ort, an dem ich wohne? Der Ort, an dem ich mich wohl fühle? Ich möchte Heimat hier nicht als einen einzigen Ort verstehen, sondern als ganze Region. Deswegen habe ich erst überlegt, nicht nur zu einem einzigen Ort zu schreiben, sondern Tipps zu einigen Orten hier in der Region zu geben. Beim Schreiben wurde dann aber deutlich, dass ich diese Idee auf mehrere Posts aufteilen muss.
Ich komme aus dem schönen Franken, in dem die Menschen angeblich so unfreundlich sind. Ich kann das nur teilweise nachvollziehen. Es mag sein, dass es hier etwas schwerer ist, mit Menschen in Kontakt zu kommen, aber wenn die Kontakte vorhanden sind, ist Unfreundlichkeit ein Fremdwort. Und ehrlich gesagt… als ich ein Dreivierteljahr in Hamburg gewohnt habe, habe ich außer meinen direkten Arbeitskollegen keinen einzigen Menschen kennen gelernt. Das gibt es so also auch in anderen Regionen Deutschlands. Geboren wurde ich in Fürth, jetzt wohne ich in Nürnberg. In meiner Kindheit habe ich viel Zeit im kleinen Wilhermsdorf verbracht, wo meine Großeltern lebten und meine Oma heute noch lebt. Meine Eltern wohnen mittlerweile in Cadolzburg, nur wenige Kilometer entfernt. Studiert habe ich für fünf Semester in Erlangen. Ich habe einige Jugendfreizeiten als Betreuer begleitet, die in der Fränkischen Schweiz statt fanden. Alles in Allem würde ich sagen, dass ich mich hier in meiner Heimat doch ein bisschen auskenne.
Nürnberg ist die größte Stadt in Franken. Gleichzeitig ist das Städtedreieck Nürnberg, Fürth und Erlangen so gut wie zusammen gewachsen. Erlangen und Fürth sowie Erlangen und Nürnberg trennen nur wenige Kilometer, und Fürth und Nürnberg sind sogar komplett zusammen gewachsen, so dass man mit einem einzigen Schritt die Stadtgrenze überqueren kann. Diese ist allerdings nicht spektakulär.
Nürnberg hat historisch einiges zu bieten, wenn auch das meiste davon eher negativ besetzt ist. Nürnberg war in der Zeit des Dritten Reiches Reichsparteitagsstadt und Spuren davon prägen die Stadt bis heute. Im Südosten Nürnbergs wurden damals große Aufmarschfelder gebaut, die heute noch in Teilen vorhanden sind. Heutzutage werden die Gebiete anderweitig genutzt, im Großen und Ganzen als Naherholungsgebiet. Der Luitpoldhain beispielsweise ist heute eine große Parkanlage mit einer Ehrenhalle, in der den Opfern des Weltkriegs gedacht wird. Die große Straße und die dazugehörige Tribüne am Zeppelinfeld sind heute Bestandteil der DTM-Motorsportveranstaltung am Norisring. Während dieser Veranstaltung merkt man vom historischen Ort kaum etwas, und den Sound hört man in der ganzen Stadt. Ansonsten ist das Zeppelinfeld mit der Steintribüne ein beeindruckendes Monument, und wenn man hier oben steht, kann man sich ein bisschen in die damalige Zeit hineinversetzen. Man kann sich vorstellen, wie das damals aussah, als überall Feuerschalen brannten und enorme Heere mit Flaggen und Liedern aufmarschiert sind.
In Propaganda waren sie wirklich stark, die Nazis. Das wird auch deutlich, wenn man das Museum besucht, das heute unter dem Namen Doku-Zentrum im Reichsparteitagsgebäude untergebracht ist. Ich habe es schon mehrfach besucht und bin immer wieder ergriffen. Das Doku-Zentrum und das Reichsparteitagsgelände würde ich definitiv jedem empfehlen, der nach Nürnberg kommt.
Eng verknüpft hiermit kann man einen weiteren historischen Punkt besichtigen. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden hier die sogenannten Nürnberger Prozesse statt, bei denen Kriegsverbrecher von den Alliierten zu langjährigen Haftstrafen und zum Tode verurteilt wurden. Einiges hierüber erfährt man bereits im Doku-Zentrum, man kann sich beispielsweise Filmausschnitte von damals ansehen. Der Gerichtssaal sieht heute noch genauso aus wie damals und kann besichtigt werden. Das Gebäude wird auch heute noch als Gericht genutzt. Besuchen würde ich es aber nur, wenn ich Zeit übrig habe, oder wenn ich meinen Eindruck komplettieren will.
Denn es gibt da ja noch die Innenstadt mit der Kaiserburg auf dem einzigen Berg Nürnbergs. Daher stammt übrigens auch der Name der Stadt, Nürnberg bedeutet „nur ein Berg“. Auf diesem einen Berg thront die Burg, von der aus man die ganze Stadt überblicken kann. Es lohnt sich beinahe wetterunabhängig hinaufzugehen und sich einen Überblick zu verschaffen. Tagsüber lädt auch der sehr gepflegte Burggarten zu einem Besuch ein. Leider hat er sehr begrenzte Öffnungszeiten. In den kleinen alten Gassen zwischen Hauptmarkt und Burg laden viele kleine Lokale ein, teilweise mit traditionell fränkischer Kost, teilweise auch richtig hippe Schuppen. Nicht weit der Burg kann man die Lochgefängnisse besuchen, die noch so erhalten sind wie zu der Zeit, in der sie wirklich als Gefängnis genutzt wurden. Rund um den Stadtkern verläuft nahezu kreisförmig eine Stadtmauer, und ein mal habe ich mir dank Geocaching die Mühe gemacht, sie komplett abzugehen. Und das hat sich dank einiger toller Blicke gelohnt! Übrigens gibt es generell einige sehr liebevoll gelegte Geocaches in Nürnberg.
Wer dieses Nürnberg noch zu einem besonderen Event sehen möchte, der wähle dafür bitte nicht den Christkindlesmarkt. Davon muss ich echt abraten. Der Markt ist unwahrscheinlich berühmt und überfüllt mit Touristen. Ich habe allerdings noch nie verstanden warum. Der Markt ist zwar ziemlich groß, die Stände unterscheiden sich aber kaum voneinander. Es gibt Lebkuchen, Bratwurst, Holzspielzeug und Zwetschgenmännchen. Zwischendurch noch etwas Weihnachtsschmuck und Haushaltsware. Jeder dritte Stand ist gleich. Wer einen schönen Weihnachtsmarkt sehen will, sollte entweder nach Rothenburg ob d. T. fahren, dort ist die ganze Stadt ein Weihnachtsmarkt, auch im Sommer; oder er besucht den kleinen Weihnachtsmarkt am Waagplatz in der Nachbarstadt Fürth. Dort gibt es heiße Maroni, eine Kleinkunstbühne, einen Schmied, einen Pinselmacher und einen Nachtwächter.
Das beste Event für Nürnberg ist meiner Meinung nach die Blaue Nacht. Über die ganze Innenstadt verteilt findet man Installationen von Künstlern, die nach Einbruch der Dunkelheit erst richtig zu wirken beginnen. Ich war schon einige Male dabei und fast immer begeistert. Die ganze Stadt wird in blaues Licht getaucht und große Gebäude werden zur Leinwand. Auch ist die ganze Stadt auf den Beinen, es ist unheimlich voll und lebendig. Wenn man sich ein Ticket holt, kann man Shuttlebusse nutzen und einige Veranstaltungen, die sonst nicht zugänglich sind. Doch auch ohne Ticket ist das Ganze lohnenswert, denn viele Installationen sind öffentlich sichtbar. Die ganze Burg samt Burgberg wird als Leinwand verwendet, ebenso wie Rathaus und Lorenzkirche.
Wer also speziell zu einem Event anreist, der sollte sich für die blaue Nacht entscheiden, die meistens im Mai statt findet. Damit ihr euch schon im Vorfeld ein wenig orientieren könnt, findet ihr das jeweilige Programm im Vorfeld unter http://www.blauenacht.nuernberg.de/. Die blaue Nacht steht jedes Jahr unter einem Anderen Motto, beispielsweise gab es in den letzten Jahren einmal das Thema Freiheit.
Weitere tolle Events: die lange Nacht der Wissenschaften (hier ist die Region mit integriert), das Brückenfestival, das Bardentreffen und das Fränkische Bierfest im Burggraben.
Auch für Sportler gibt es einige Events in Nürnberg. Bereits erwähnt habe ich ja die DTM am Norisring. Nürnberg hat aber noch mehr zu bieten.
Der Red Bull District Ride macht hier regelmäßig Stop, in halsbrecherischer Fahrt stürzen sich Radler den Burgberg hinunter und über große Sprungschanzen. Die ganze Stadt ist bei diesem Freeride-Wettbewerb auf den Beinen und die Kulisse für die Fahrer ist atemberaubend.
Für Läufer gibt es gleich mehrere Events. Speziell ist wohl der Silvesterlauf, der schon seit Jahren organisiert wird und die letzten zwei Jahre sogar ohne Schnee statt finden konnte. Hier sind Strecken von 5 und 10km zu absolvieren. Etwas größer fällt dann am 3. Oktober der SportScheck Stadtlauf aus, bei dem letztes Jahr 9000 Läufer und Läuferinnen an den Start gingen. Für den Lauf werden große Straßen gesperrt, die Strecke führt aber auch am See entlang und mitten durch die Fußgängerzone in der Innenstadt. Auch gibt es noch diverse Firmenläufe und im letzten Jahr startete hier erstmals der Color Run.
Für Radsportler gibt es das Rennen rund um die Nürnberger Altstadt, das gleichzeitig das Finale der Bayern-Rundfahrt darstellt. Es wird dabei aber nicht nur der Kurs für die Profis erledigt, sondern es gibt auch ein Jedermann-Rennen. Auch können hier Tandems aus Radfahrer und Läufer an den Start gehen, ähnlich wie bei einem Staffellauf.
Nürnberg beherbergt außerdem einen traditionsreichen Fußballverein, über dessen aktuelle Leistungsfähigkeit man vielleicht nicht unbedingt viele Worte verlieren sollte. Interessanter ist vielleicht das Stadion, in dem „der Glubb“ spielt. Bis vor Kurzem waren die Ultras noch im Oberrang beheimatet, und wenn sie anfingen zu springen, konnte man die Tribüne schwanken sehen. Früher waren die Schwankungen noch deutlicher, zur WM 2006 wurde hier nachgebessert. Dennoch schwankt die Tribüne um bis zu einen Meter, was natürlich von der anderen Seite auch deutlich zu sehen ist. Doch schade, dass im Oberrang nun nicht mehr so viel Stimmung ist wie in den letzten Jahren. Das wirklich Besondere am Stadion ist aber eigentlich die Form. Es handelt sich nämlich um ein achteckiges Stadion, was zwar nicht einmalig, aber doch sehr selten ist.
Auch Eishockey wird in Nürnberg gespielt, direkt gegenüber vom Fußballstadion. Die Nürnberg Ice Tigers spielen immer wieder mal in den PlayOffs und die Halle ist dann jedes Mal ausverkauft, die Stimmung gigantisch!
Für Mountainbiker gibt es in der Nähe des Tiergartens einen ganz guten und langen Trail, der so habe ich mir sagen lassen doch auch recht anspruchsvoll ist.
Nürnberg ist offensichtlich eine sportbegeisterte Stadt, was mir bis zum Schreiben dieser Zeilen selbst nicht so bewusst war. Es wird einem also nicht überall aufgedrängt, sehr angenehm.
Wer in Nürnberg ist, muss natürlich auch kulinarisch versorgt werden, und auch hier kann ich natürlich Tipps geben. Auch hier möchte ich mich jetzt nicht ganz so sehr auf einen Ort beschränken, da es ja die verschiedensten Geschmäcker gibt.
Nürnbergs bestes Sushi erhält man meiner Meinung nach bei Xinh Sushi. Meinen bisherigen Favoriten Nagoya gibt es leider seit einiger Zeit nicht mehr. Der Nachfolger in der Kilianstraße ist auch ganz gut, aber bei Xinh werden wir seit Jahren nicht enttäuscht.
Für Burger empfehle ich die Auguste. Hier stammt alles aus biologischem Anbau. Daher kann es durchaus mal passieren, dass diverse Produkte gerade aus sind, weil eben nicht von irgendwoher unkontrolliert Nachschub geholt wird sondern wirklich das vorhanden ist, was gerade geschlachtet wurde. Außerdem gibt es dort auch vegetarische und vegane Burger, die wirklich lecker sind. Die Auguste ist wie beinahe alles in Nürnberg recht leicht mit Öffentlichen zu erreichen.
Im mittlerweile recht hippen Stadtteil Gostenhof, das früher durchaus auch mal als Gostanbul bezeichnet wurde, findet man eine Menge kleiner Kneipen und etwas alternativer Läden. Hier empfehlen kann ich das schöne Palais Schaumburg mit Biergarten und hervorragender Küche zu wirklich guten Preisen. Bekannt ist das Palais Schaumburg besonders für schmackhafte Braten, doch die Küche ist sehr vielfältig.
Wer ein Pub sucht und vielleicht auch noch im Pub essen will, der sollte das O’Sheas besuchen, das auch sehr zentral liegt. Das Pub liegt in einem großen Kellergewölbe und ist daher recht dunkel, aber sehr gemütlich. Auf der Karte findet man diverse typische Gerichte wie Fish and Chips, Cottage Pie oder Irish Stew. Hier ist es oft voll, doch direkt nebenan sind noch ein paar Alternativen für diesen Fall, die auch nicht schlecht sind: Zeit&Raum, Luftsprung und Bar Celona (letzteres allerdings grundsätzlich mit seeeeehr langsamer Bedienung).
Für den Sommer ist es gut zu wissen, dass es in Nürnberg alle paar Meter einen Biergarten gibt. Die alten Brauereien der Stadt sind leider so nicht mehr erhalten, heute gehört alles zu Tucher, was ich als nicht besonders empfehlenswert bezeichnen würde. Lecker: das Schanzenbräu.
Nürnberg ist definitiv einen Trip wert, man kann an einem Tag schon Einiges entdecken, doch ich rate zu ein paar mehr Tagen, wenn man sich intensiv mit den Gegebenheiten vor Ort auseinander setzen will. Drei bis vier Tage ist optimal. Und wer eine Unterkunft sucht, kann mir eine Anfrage auf Couchsurfing schicken.