Bei der Aktion Urlaub aus der Flasche habe ich ein Wochenende in einem Pfälzer Landhotel mit Weinprobe gewonnen. Unser Jahr 2015 war allerdings ziemlich vollgestopft mit Reiseterminen, so dass der Trip ein wenig aufgeschoben wurde. Im Herbst hatten wir dann Sehnsucht nach einer Auszeit, was bei uns ja auch gleich immer mit Fernweh gepaart ist. Wie praktisch, dass es da noch diesen Gutschein gab. Und Weinberge im Herbst, das stellten wir uns richtig romantisch vor.
Freitag Mittag ging es also los, ab auf die Autobahn – und die ist in letzter Zeit einfach nicht unser Freund. Wann auch immer wir uns auf den Weg machen, wir stehen garantiert stundenlang im Stau. So auch diesmal, und dann war unser Navi nett und schickte uns über die Landstraße und durch Orte. Die A6 ist ja öfter mal verstopft, das ist nichts Neues mehr. Wir fuhren also durch Heilbronn und dann sollte es ungefähr eine halbe Stunde später wieder auf die Autobahn gehen. Ich hatte natürlich Richtung Heilbronn im Kopf, denn das ist einfach von uns aus die richtige Richtung. Dass wir bereits durch Heilbronn durch waren, hatte ich nicht mehr auf dem Schirm und fuhr Richtung Heilbronn auf. Ein dämlicher Fehler! Ganz besonders, weil wir auf diese Art und Weise wieder genau in den Stau fuhren, denn auch diese Richtung war komplett dicht. Meine Dummheit kostete uns über eine Stunde. Das war umso ärgerlicher weil wir sowieso schon ewig gestanden hatten. Anstatt wie geplant vielleicht drei Stunden auf der Straße zu verbringen, waren wir fünfeinhalb unterwegs.
Als wir am Landhotel Hauer im kleinen Örtchen Pleisweiler-Oberhofen ankamen war es bereits dunkel. Wir bezogen unser Zimmer und gingen kurz danach auch bereits zum Abendessen. Vorgesehen war für uns ein Gänge-Menü, was die Bedienung allerdings irgendwie im Moment der Bestellung vergessen hatte. Also wählten wir aus der Karte und mussten das dann aber nicht bezahlen. Zu den beiden wirklich schmackhaften Gerichten gab es guten Wein. Carina probierte den Nonnensuselwein und ich einen Grauen Burgunder. Der Nonnensuselwein ist eine milde Spezialität des Ortes, genau das richtige für einen solchen Abend nach diesem Stress. Carina hatte Lachs mit Kruste auf Bandnudeln und Spinat und ich wählte Seewolffilet mit Salzkartoffeln an Roter Beete und gegrilltem Gemüse. Wie immer teilten wir uns beide Gerichte und kosteten auch die Weine gegenseitig. Die Weine im Haus stammen nahezu alle vom benachbarten Weingut Wilker.
Da wir von der Anfahrt ziemlich geplättet waren, zogen wir uns früh auf unser Zimmer zurück. Das war erstaunlich geräumig. Wir hatten in Paris mal eine Suite gebucht, von der wir maßlos enttäuscht waren. Dieses Zimmer war deutlich näher an einer Suite als unsere damalige Suite. Wir fühlten uns auf jeden Fall wohl und nach einer ausgiebigen Dusche auch wieder etwas fitter. Auf dem Weg zu unserem Zimmer passierten wir einen Kühlschrank mit Wasser und Wein, an dem man sich bedienen konnte. Daneben lag eine Liste, auf der man eintragen musste, was man sich aus dem Kühlschrank genommen hatte. Wir waren beeindruckt von diesem Vertrauen, so etwas haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Wir hatten zwar eine Flasche Wasser auf dem Zimmer, holten uns aber noch eine zweite Flasche und ebenso eine Flasche Wein. Wir entschieden uns für einen Riesling und schafften – wie immer – die Flasche nicht. Die Müdigkeit hatte uns einfach mal wieder überrollt.
Am nächsten Morgen ging es dann zum Frühstücksbuffet. Es gab so gut wie Alles, was man sich wünschen konnte. Von Brötchen über Müsli zu Obst und Gemüse, von einigen herrlichen Marmeladensorten (mein Favorit war der Apfelwein) über Käse bis zum Pfälzer Saumagen – alles vorhanden. Wir schlemmten also erst eine Runde und machten uns dann auf den Weg ins Weingut Wilker, einmal über die Straße.
Dort hatte man uns telefonisch gesagt, dass zu der Jahreszeit nur unregelmäßig Weinproben stattfinden und wir einfach vorbei kommen sollen. Dann könnten wir ein paar Weine probieren und ein bisschen etwas erzählt bekommen. Das wollten wir nun tun und erfuhren dann, dass am Nachmittag tatsächlich eine Weinprobe stattfinden sollte. Spontan entschlossen wir uns dazu, an ihr teilzunehmen und das Trinken auf den Nachmittag zu vertagen. Deutlich angenehmer!
Da wir ja zum Entspannen und Genießen hier waren, ging es dann in den Wellnessbereich des Hotels. Dieser ist sehr durchdacht gestaltet und eine kleine Wohlfühloase. Zwei Kritikpunkte: es wird in der Hotelmappe ein Weinbergblick aus der Sauna angepriesen, dafür muss man aber um die Ecke kucken können. Oder durch ein Haus durch. Und vom Parkplatz des Hotels aus hat man freien Blick auf das Ruheareal, was wir als etwas unangenehm empfanden. Zwar waren wir dort immer mit einem Bademantel oder Handtuch bekleidet (beides wurde gestellt, und die Saunatücher waren sogar groß genug, um komplett ausgestreckt darauf zu liegen), aber ein Saunabereich ist eigentlich ein Nacktbereich und sollte doch etwas mehr sichtgeschützt sein. Die Saunagänge waren eine Wohltat und auf der Liege las ich fast ein komplettes Buch über den Jakobsweg in der Pfalz, das ich dort gefunden habe.
Und dann war es plötzlich schon Zeit für die Weinprobe. Gemeinsam mit sechs anderen Hotelgästen erlebten wir dann eine perfekte Mischung aus Information, Wissen, Witz und Geselligkeit. Auf dem Programm standen fünf Weine. Die Auswahl war schon recht gut, doch unsere Vorführerin (deren Namen wir leider vergessen haben, obwohl wir sie doch empfehlen wollten) wanderte dann doch noch einige Male ins Lager, um noch eine ähnliche Sorte zu holen. Beispielweise gibt es den Rosé in zwei verschiedenen Varianten. Und wenn auf unserem Plan der milde Rosé steht, so müssen wir doch zum Vergleich auch den anderen noch probieren.
Bei einer Weinprobe muss man das Glas ja nicht komplett leeren, es gibt ja Behälter, in die man den Rest schütten kann. Jedoch war es hier so, dass mir persönlich wirklich alle Weine sehr gut geschmeckt haben. Carina schüttete einen Teil vom Dornfelder weg, das war ihr einfach zu trocken und schwer. Am Ende waren wir dennoch bei neun Gläsern Wein angekommen, pro Person. Das merkten wir dann schon sehr stark, zumal wir ja das Mittagessen hatten ausfallen lassen. Wenn man so wenig Ahnung hat von Wein wie wir, dann ist es umso interessanter, mal bei so einer Weinprobe anwesend zu sein. Man erfährt etwas über Weinanbaugebiete in Deutschland und ein bisschen über unterschiedliche Rebsorten. Ich weiß jetzt, was ein Lagenwein ist und wusste auch direkt nach der Weinprobe vieles mehr. Natürlich vergisst man Einiges wieder, einiges ist aber auch hängen geblieben. Da wir von den Weinen begeistert waren und noch dazu etwas beschwipst füllten wir enthusiastisch den Bestellzettel aus. Am nächsten Morgen sei das alles für uns zusammen gestellt und wir könnten es abholen.
Direkt im Anschluss an die Weinprobe marschierten wir dann ins Restaurant des Landhotels. Es war Zeit für unser Menü, es war höchste Zeit! Und wie auch immer wir auf diese Idee kamen, zu so einem Menü gehört ja aber eigentlich ein Wein, oder? Wir bestellten also auch noch je einen Wein. Carina war sich nicht so sicher, ob sie das noch schaffen würde, entschied sich beim Bestellen aber für Ja. Als der Wein dann da war kniff sie und ich musste dann sowohl meinen als auch ihren Wein noch leeren. Zum Glück war es nur jeweils ein Glas. Unser Menü bestand aus vier Gängen und es ging mit Feldsalat los, danach gab es eine Rinderkraftbrühe mit Gemüsestreifen (das tat extrem gut). Beim Hauptgang hatten wir die Wahl zwischen Schweinefilet an Gemüse und Kartoffeltaler oder einem vegetarischen Rote-Beete-Risotto mit Schafskäse. Meine Wahl fiel auf das Filet, Carina entschied sich für das Risotto, zumal sie am Vorabend schon überlegt hatte, ob sie nicht ein Risotto möchte. Das Dessert bestand aus Sorbet mit Winzersekt. Nach dieser ausgiebigen Mahlzeit fühlten wir uns wieder etwas sicherer auf den Beinen. Und dann meinte der Kellner, er müsse uns nach dieser Mahlzeit unbedingt mit einem Schnaps etwas Gutes tun. Alle Abwehrversuche waren umsonst, selbst die Aussage, dass wir Beide Hochprozentiges so gar nicht mögen würden. Eine ganz sanfte Mirabelle, die müssten wir unbedingt probieren. Selbst beim Gedanken daran graute es uns, und ungefähr so äußerten wir das auch, aber er wollte sich einfach nicht davon abbringen lassen und servierte sodann zwei Stamperl. Wir bedankten uns also und überlegten, was wir jetzt tun sollten. Schon beim Riechen war klar, dass wir das Zeug niemals runter bringen würden. Als wir also unbeobachtet waren, wurde die feine Mirabelle zum Pflanzendünger umfunktioniert. Wir wussten uns einfach nicht anders zu helfen. Vielleicht mag Erika ja Mirabelle.
Dann überlegten wir, was wir mit diesem angebrochenen Abend noch anstellen sollten. Wir bekamen Lust auf Sauna und warfen uns noch einmal in die Bademäntel. In der Sauna angekommen mussten wir feststellen, dass der Wellnessbereich bereits abgeschaltet war. Die Sauna war aber noch ein bisschen warm, und so setzten wir uns doch noch kurz hinein und sprangen danach unter eine erfrischende Dusche. Damit waren wir dann wieder relativ fit, wenn auch nicht mehr in der Lage, den Rest des Rieslings vom Vorabend noch zu verköstigen. Wir nahmen ihn am nächsten Tag einfach mit nachhause.
Für den Samstag hatten wir ursprünglich einen Besuch in einem Regionalligastadion angedacht, doch auf Grund der Witterungsverhältnisse fiel das geplante Spiel aus. Wir hatten mit der Sauna und der Weinprobe einen perfekten Ersatz gefunden, doch mir fehlte Fußball schon eine ganze Weile. Ich habe wohl einfach zu wenig Zeit für meine Hobbies. Also entschieden wir, dass wir am nächsten Tag auf dem Heimweg noch ein Spiel der Frauenfußball-Bundesliga mitnehmen würden. Das war ein Umweg von vielleicht fünf Kilometern und für mich ein neues Stadion auf meiner Liste. Für Carina war es das erste Frauenfußballspiel, bei dem sie zu Gast war. Wenn das nicht genug Gründe für einen Abstecher sind.
Nach dem Frühstück und dem Abholen unserer ganz schön kostenintensiven Weinbestellung (es waren dann doch mehrere Kartons) war aber noch eine Menge Zeit und so fuhren wir erst noch über kleine und kurvige Landstraßen durch die Weinberge, bei strahlendem Sonnenschein. Zwar sind Weinberge im Herbst doch nicht so romantisch, wie wir uns das vorgestellt hatten, aber zum Genießen war die Strecke trotzdem. Sie führte uns zuerst nach Speyer. Denn wenn wir schon mal hier sind, wollen wir auch etwas Kultur mitnehmen. Bei der Einfahrt in den Ort kamen wir am Technikmuseum mit Flugzeugen vorbei und kurz überlegte ich, ob wir nicht spontan umschwenken sollten. Als ich das sah schlug mein Herz sofort, aber wir blieben beim ursprünglichen Plan. Wir fuhren also weiter zum Dom und besichtigten ihn.
Im Anschluss gönnten wir uns noch einen Kakao in einem schönen Café unweit des Doms. Carina überlegte ewig, ob sie nicht vielleicht noch einen Kuchen möchte und fand dann tatsächlich etwas, was es ihr angetan hatte. Die Zeit im Café half auch ein bisschen beim Aufwärmen, denn trotz unserer guten Kleidung war es irgendwie ein bisschen kalt geworden.
So langsam wurde es dann Zeit und wir machten uns auf den Weg und verließen die Autobahn in Sinsheim wieder. Dort kamen wir zuerst am Trainingsgelände der Hoffenheimer Nachwuchsteams vorbei, was ich mir direkt ansah. Weiter den Berg nach oben und dann waren wir also endlich wieder in einem Stadion, das ich noch nicht kannte, dem Dietmar-Hopp-Stadion in Hoffenheim. Dort spielten die Frauen der Kraichgauer gegen den VfL Wolfsburg, einem mit Nationalspielerinnen gespickten Team. Dementsprechend waren sowohl Spielverlauf als auch Ergebnis. Rechts neben mir ein paar Plätze weiter saß die ehemalige Nationalspielerin Martina Voss, die heute Trainerin der Schweizer Nationalmannschaft ist. Dies war der perfekte Anlass, Carina mal ein bisschen von früher zu erzählen, von meiner Zeit als Webmaster einer Nationalspielerin und was man da so alles mitbekommen und erlebt hat.
Nach dem Spiel waren wir halb erfroren (können wir nicht mal auf den Winter verzichten – bitte?) und eilten zum Auto. Es ging zurück auf die Autobahn und endlich hatte diese mal nichts gegen uns. Wir kamen gut durch und waren gut gelaunt und gut erholt wieder zuhause.