Tag 1 in Mumbai und Elephanata Island

19. Januar 2014
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Am Istanbuler Flughafen packe ich zum ersten Mal mein Buch aus. Ein Buch, kein Netbook. Mir ist nicht nach einem Rucksack voller Sicherungen fuer Steckdosenadapter.

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Ich habe ihn gesehen, den Bosporus. Aus der Luft. Dabei dämmert mir, dass ich nicht mal weiß, ob ich auf der europäischen oder asiatischen Seite Istanbuls lande. Auch mein Ticket sagt mit nur Istanbul. Später weiss ich immerhin, es war der Atatürk Flughafen und lokalisiere ich ihn mit Google Maps, Europa. Falsch vermutet. Der Flug Nürnberg nach Istanbul war lobenswert, wo bekommt man noch Vollverpflegung an Bord ohne dafür live zahlen zu müssen? Bei Turkish Airlines. Die waren auch mit Abstand die billigsten Anbieter für diese Route, so dass mich das echt erstaunt. Ich weiß aber auch, wo sie das Geld wieder rein sparen. Die haben einfach mal geschätzte fünf Sitzreihen mehr in den Flieger gebaut. Sogar ich stoße vorne an. Was machen große Leute?

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Freundlicherweise gibt es Kopfhörer auch gratis auf jedem Platz, doch der Film ist leider auf türkisch. War wohl nichts. Englische Version nicht vorhanden. Ich beobachte dann eben den Flug über die Leute an Bord, die größtenteils dem Klischeetürken der älteren Generation entsprechen. In Istanbul versüßt mir ein zwei Stunden lang durch schreiendes Kind meinen Zwischenstop und danach geht es weiter nach Indien. Wieder mit Turkish, diesmal aber in einem großen Flieger (A330). Hier haben meine Beine Platz und auch sonst wird für Komfort gesorgt. Wieder ein Menü (ich entscheide mich für ein vegetarisches indisches Alu Ghobi), habe Musik im Ohr und eine Decke, kann wahlweise auch Ohropax verwenden (worauf ich später zuück greife weil Schlafen mit Musik nicht klappt) und sogar Wärmesocken gibt es. Ein Kissen bekomme ich aber nicht ab, und daran scheitert es meist am Einschlafen. Bis ich meine Jacke ausziehe und umfunktioniere und dann lediglich von einem Schweden mit furchtbarer Stimme gepaart mit lautem Organ vom Schlafen abgehalten werde. Dann ist es auch schon 5.30 Uhr und wir landen in Mumbai. Der Registration-Prozess sowie der Visumcheck geht schnell, auf meinen 9-Kilo-Rucksack warte ich mit mehreren Stromschwankungen und Gepäckbandausfällen gefühlte Stunden. Dann weiter, Geld holen, Prepaidtaxi und rein in die Stadt. Geld holen? Thomas Cook mag meine Kreditkarte nicht, nach mehreren Versuchen nicht leserlich. Die Bank of India macht gar nichts mit Kreditkarte. Dann finde ich durch Zufall einen etwas versteckten Geldautomaten und auch da geht erst mal nichts, bis ich es raus habe. Am Geldautomaten war ich schlicht zu schnell. Vorsichtshalber mache ich mich gleich reich, man weiß ja in diese Fall dann offensichtlich nicht, wann man wieder an Geld kommt.

Man kann sich vielleicht vorstellen, welches Gefühl von Panik in einem aufkommt, wenn man ohne jeden Cent in einem fernen Land steht und nirgends Cash bekommt.

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mumbai1Dann das Prepaidtaxi, was etwas teurer ist als vorausgesagt, dennoch absolut okay. Gateway of India – mein Ziel. Das Taxi hat hinten keinen Sicherheitsgurt, was ich anfangs ob der Fahrweise wirkich beängstigend finde. Doch nach und nach entspanne ich mich. Die Fahrer fahren wie wild Slalom mit Tempo 60-70 zwischen LKWs, Bussen, Autos, Motorrädern, Rikschas, Fahrrädern, Fussgängern, Hunden und plötzlich mitten auf der vierspurigen autobahnähnlichen Straße stehenden festen Hindernissen. Anfangs wünsche ich mich in Adrians Auto nach Mallorca zurück, doch dann realisiere ich, dass dieses System funktioniert. Ein Gehupe ist das hier, unglaublich. Am laufenden Band. Die Fahrer kommunizieren so untereinander. Immer wenn ich denke ich hab raus welches Hupen was bedeutet widerlegt der Fahrer meine Theorie mit einem „falschen“ Hupen. Es läuft jedenfalls wie geschmiert und nach 40 Minuten bin ich noch während des Sonnenaufgangs am Gateway of India.

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Auf dem Weg komme ich an unglaublich viel Armut vorbei. Immer wieder Slums. Später wird mir eine Tourifahrt in die Slums angeboten (obwohl ich schon von Beginn an nicht auf all die Schlepper reagiere). Ich verstehe nicht, wie man sich das per Touritour ansehen kann. Dran vorbeizufahren, es zu sehen und vor Allem auch zu riechen war schlimm genug. Mumbai ist eine Kloake!

Ich bin etwas zu früh am Gateway, die Boote fahren noch nicht. Also lasse ich mich nieder, schreibe weiter meine Erlebnisse auf und ignoriere: Chai Chai Chai.

Als es dann endlich geht springe ich für 150 Rupien auf eine Barkasse, die mich nach einer Stunde Fahrt auf der Elephanata Island wieder ausspuckt. Mich und viele weitere. Auch eine deutsche junge Familie, neben der ich zufällig saß und deren kleiner Sohn, na was wohl, fast die ganze Fahrt gebrüllt hat.

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Die Kloake Mumbai ist schnell im Smog verschwunden und von der Insel aus gar nicht mehr zu erkennen. Was aber sofort zu erkennen ist ist der Tourismus und wie man damit Geld macht. Den kompletten Weg zu den Caves auf der Insel (alte Tempelstätten in einem Felsenlabyrinth, durchaus beeindruckend) säumen Stände mit Krimskrams, Essen und Trinken. Ich kaufe mir Wasser, und das ist auch gut so, geht es doch stetig bergauf und wird immer wärmer.

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Oben angekommen zahle ich 250 Rupien für den Eintritt, so denke ich. Dass der Eintritt gar nichts kostet sondern ich eine Führung bezahlt habe, die ich gar nicht gemacht habe, dämmert mir erst auf dem Rückweg. Dämlich. Aber nun ja, passiert. Ich empfinde die Caves trotz großartiger Leistung der damaligen Zeit als eher enttäuschend, was hauptsächlich an den Horden von Menschen liegt und daran, dass man dort gar nicht wirklich Stimmung aufsaugen kann. Dennoch lasse ich mich ein wenig nieder und atme durch. Ich bin müde. Daher entscheide ich mich zur Rückfahrt und zur Suche nach meinem Hotel. Was ich auf Elephanata Island am meisten gesehen habe: Händler und Hunde. Außerdem meine ersten frei lebenden Affen, Ziegen, ein paar Kühe und von mir nicht zu identifizierende kreisende Greifvögel.

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Den Rückweg im Boot verbringe ich komplett unter Indern und schlafe immer wieder ein. So komme ich ein bisschen gestärkt wieder in Mumbai an. Dort will man meine fast leere Colaflasche erbetteln, doch die will ich schliesslich selber trinken. Einfach ignorieren. Ein kleines Kind packt die Flasche einfach und ich ziehe sie wieder zu mir. No way.

Zu meinem Hotel will ich laufen. Eigentlich ganz einfach. Doch irgendwie endet jede zweite Strasse – mit Blick auf Slum. So schwer ist es dann aber doch nicht. Zwischendurch bestätigt mir noch ein Polizist, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Als ich schon eine ganze Weile laufe und das Ganze immer mehr außerhalb, immer mehr arm und immer weniger Touri wird interviewe ich einen Taxifahrer und handle ihn auf 30 Rupien. Das muss ich noch üben, denn es waren nur noch ein paar Meter, und das Hotel auf der Seite gefunden habe auch ich und nicht er.

Mein Hotel ist im vierten Stock und nicht so doll wie es auf den Fotos aussieht, doch man kann es aushalten. Ich fühle mich total tot (kein Wunder nach 32 Stunden Action, oder?) und lege mich erst mal ab.

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