Winterliches Krakau

21. Februar 2018
14.237 Views

Irgendwann im Herbst hat mich der Blues erwischt und ich musste unheimlich viele Flüge buchen, um mit ihm klar zu kommen. Natürlich soll auch für die freie erste Januarwoche ein Trip her und am Ende entscheide ich mich ehrlich gesagt aus Kostengründen für Krakau. Die Kombination aus Flügen und Hotel ist einfach deutlich billiger als alle anderen Optionen. Also wird gebucht. Und schon kurz nach dem Betätigen des Buttons kommen die ersten Zweifel. Krakau soll ja toll sein, habe ich gehört. Aber im Winter? Im Winter nach Polen? Warum macht man sowas? Als erstes muss ich an den bitter kalten Ostwind in Berlin denken. Vor Augen habe ich dann bittere Kälte und Schnee, Krakau innerlich eher nach Sibirien verortet, obwohl mir die reale Lage natürlich bekannt ist. Kurz vor dem Trip checke ich die Wetterbedingungen und stellte fest: es ist einfach wie bei uns. Die gleichen Temperaturen, der gleiche Wind, der gleiche Regen.

Etwas erleichtert geht es dann früh an den Flughafen. Der Flug von Nürnberg nach Krakau ist gleich erledigt und in Krakau gibt es eine Zugverbindung ins Stadtzentrum. Die Fahrkartenautomaten am Bahnsteig sind extrem langsam, es bilden sich einige sehr lange Schlangen. Nur an einem Automaten kann man mit Bargeld zahlen, daher muss man vorher checken, ob man am richtigen Automaten steht. Wir stehen -wie sollte es anders sein- am falschen, kommen aber eh nie am Automaten an! Der Zug fährt nämlich früher ein, als die Schlange fertig ist. In der Zwischenzeit Google ich: es macht gar nichts aus, denn man kann ein Ticket auch bei den Kontrolleuren im Zug erwerben. Wir nehmen also Platz, während die meisten verzweifelt am Bahnsteig versuchen, noch vor der Abfahrt an den Automaten zu kommen. Der Zug ist recht voll, so dass ich schon vermute, dass es ewig dauern würde, bis die Kontrolleure zu uns durch kommen. Doch dem ist nicht so, sie sind sogar ziemlich schnell da. Alle um uns herum werden kontrolliert und fast jeder kauft sein Ticket im Zug. Weil unsere Sitznachbarn zu schnell waren, vergisst die für uns zuständige Dame dann, unsere nicht vorhandenen Tickets zu kontrollieren beziehungsweise uns überhaupt erst mal Tickets zu verkaufen. Wir haben schon das Geld in der Hand, aber das interessiert sie nicht. Wenige Sekunden später ist sie auch wieder weg, so schnell verstehen wir gar nicht, was gerade passiert. Sie hat uns einfach vergessen. Alle Mitreisenden freuen sich für uns. Daher also eine Empfehlung an Jeden, der nach Krakau will: kauf dein Ticket erst im Zug, du kannst Glück haben!

Im Zentrum angekommen wollen wir erst mal was essen. Wir sind ohne Frühstück losgezogen, wie eben immer so früh am Morgen. Es ist schon Mittag, also entscheiden wir uns für ein Restaurant. Wir verlassen den Bahnhof und die daran anschließende große Einkaufspassage und schlendern in Richtung Altstadt, nehmen im Prinzip das erste Restaurant, das uns über den Weg läuft. Es ist das Polonia Restauracja, und direkt beim Eintreten kommen wir uns schon underdressed vor. Man behandelt uns aber trotzdem sehr freundlich. Wir essen elegant rustikal – irgendwie ein Widerspruch und hier trotzdem gelungen. Vor mir steht eine riesige Portion Ente mit Apfel und kleinen Knödeln sowie ein kleiner Salat. Carina isst gefüllte Hähnchenbrust. Beide Gerichte sind liebevoll angerichtet und sehr lecker, aber auch sehr üppig.

Weiter geht es zu Fuß durch die Stadt, und das ist in Krakau wirklich gar kein Problem. Große Teile der Altstadt sind Fußgängerzone, teilweise durch Mauer und teilweise durch Park eingefasst. Wir haben Dauerregen, so dass alles trist wirkt, aber dennoch erkennen wir, wie schön es hier unter all dem Regen ist. Am Marktplatz steht noch ein Weihnachtsmarkt, und jetzt ist es fast schade, dass wir schon gegessen haben. Hier gibt es polnisches Street Food. Wir schauen und riechen einfach nur noch, es geht kein Bissen mehr. Die Tuchhallen und der Marktplatz sind offen und einladend, und trotzdem reizen sie uns heute aus Wettergründen nicht. Eigentlich möchte man sich lieber unter einer Decke vergraben, so ungemütlich ist es. Aber wir wollen eben auch die Stadt erleben, zumal wir ja nicht unendlich Zeit haben bei so einem Kurztrip.

Ich trage Sportschuhe mit Mesh und habe schon eine nasse Zehe und fürchte, dass ich bald komplett nass bin. Wir halten also Ausschau nach einem Schuhladen, finden aber nur eine recht exklusive Boutique auf unserem weiteren Weg in Richtung Wawel. Zum Aufwärmen gönnen wir uns eine heiße Schokolade in einem kleinen Café in der Altstadt. Cafés sind auch in der Altstadt gut verteilt, noch einfacher hat man es im Jüdischen Viertel, aber so weit sind wir bisher ja gar nicht gekommen. Als wir das Café wieder verlassen, traue ich meinen Augen kaum. Es hat aufgehört zu regnen! Ich muss also auch keine neuen Schuhe kaufen und wir können die Zeit der Stadt widmen anstatt dem Shopping. Wir besichtigen eine Kirche und die daneben liegende Kapelle. Natürlich ist Polen streng katholisch, auch hier in der relativ liberalen Studentenstadt Krakau. Was wir insbesondere in der Kapelle sehen, können wir aber nicht nachvollziehen. Hier mischt sich Heiligenverehrung mit Personenkult, ich schätze dass es ebenso viele Bilder von Papst Johannes Paul II gibt wie von Jesus oder Maria. Außerdem sind die Räume vollgesteckt mit Weihnachtsschmuck, wirken dadurch extrem kitschig und irgendwie billig. Schade, denn ohne diese bunten Lichter wäre alles wohl recht besinnlich.

Es geht weiter in Richtung Wawel und wir erklimmen den Berg, auf dem das Wahrzeichen der Stadt steht. Unsere Füße werden langsam ein bisschen müde, nur deswegen fühlt es sich beinahe wie ein Erklimmen an. Der Weg geht leicht nach oben, ist eher angenehm zu gehen als anstrengend. Im Wawel selber verweilen wir etwas, so dass wir ihn mit grauem Himmel ebenso ablichten können wie zur blauen Stunde.

Seit es aufgehört hat zu regnen wirkt alles deutlich freundlicher und gerade die alten Gemäuer gefallen uns ja sowieso. Es liegt eine recht klassische Stimmung in der Luft, ein bisschen wie früher, altertümlich und doch sehr freundlich und offen. Auch auf dem Wawel begegnen wir wieder dem Kitsch, allerdings nicht so ausgeprägt wie in der Kapelle. Besonders gefällt die Kathedrale mit ihren so unterschiedlichen Dächern, die so eng aneinander gebaut sind. Es sieht irgendwie spannend verschachtelt aus, wie eine bunte Mischung aus Epochen auf kleinstem Raum.

Unser nächster Stop für eine kleine Pause ist das Hotel. Wir wohnen im INX Design Hotel. Dieses liegt im jüdischen Viertel Kazimierz, hat eine Haltestelle der Tram vor der Tür und einige kleine Cafés, Restaurants und Bars außen rum. Die Straße selbst ist relativ laut und optisch nicht gerade der Hit, das Hotel an sich aber ist wunderbar. Wir haben ein Doppelzimmer im typischen Stil eines Design-Hotel. Besonders gefallen mir die Regenwalddusche und die farbig verstellbaren LEDs. Das Zimmer hat einen Smart TV, aber das Koppeln mit dem Smartphone funktioniert leider trotzdem nicht vernünftig, obwohl wir genau nach Anleitung vorgehen. Ansonsten sind wir mit dem Zimmer sehr zufrieden, Frühstück nutzen wir nicht. Wir erleben die Stadt gerne so umfangreich wie möglich, und Frühstück im Hotel raubt einem die Möglichkeit, ein nettes Café mit Frühstück zu finden.

Noch ist es aber nicht so weit, erst mal ruhen wir uns eine Stunde aus und dann ziehen wir wieder los. Wir erkunden die nähere Umgebung, das jüdische Viertel. Dort gefällt es uns auf den ersten Blick. Die Häuser sind sozusagen etwas angestaubt, teilweise sogar marode. Auch sind viele Wände ziemlich schmutzig. Aber alle zehn Meter ist ein kleiner Laden, ein Restaurant oder Ähnliches. Wir haben eine richtig umfangreiche Auswahl und entscheiden uns für das polnische Pub Wrega, das von außen toll aussieht. Auch innen gefällt es uns eigentlich, allerdings leidet die Optik gewaltig unter dem grünen Kunstrasenteppich, der überall verlegt ist. Ein anderer Boden und es wird wirklich schön. Wir trinken ein polnisches Bier aus der Nähe Krakaus und essen auch polnisch. Carina hat Bigos mit Brot und ich Pierogi mit Kraut gefüllt.

Nach dem Essen wollen wir noch etwas Anderes sehen und ziehen weiter, ums Eck finden wir die Nova Resto Bar, die es uns sowohl was die Einrichtung angeht als auch die Karte betreffend direkt für sich gewonnen hat. Leckere hausgemachte Limonade und gut gemischte Cocktails, nette Musik im Hintergrund und ein gemütliches Ambiente. Einziger Kritikpunkt ist die Aufmerksamkeit des Personals, wobei ich eher das Gefühl habe, dass es sich dabei lediglich um unsere Bedienung handelt. Der junge Mann ist mehr damit beschäftigt, seine Freundin zu betatschen, während sie sich sehr abweisend verhält. Er kommt uns vor wie eine ungewollte Klette und wir vermuten, dass die Beiden zuvor Streit hatten. Sobald wir andere Mitarbeiter kontaktieren wird gehandelt. Wäre unser Service etwas aufmerksamer gewesen, hätten wir sicher noch das ein oder andere konsumiert.

 

Am nächsten Morgen frühstücken wir natürlich auch in Kazimierz. Bereits gestern hat uns das Kolanka No.6 angelacht, und dank „Buffet“-Tafel am Eingang gefällt es uns heute sogar noch besser. Die Location ist etwas verwinkelt und rustikal, aber gleichzeitig liebevoll dekoriert. Das Buffet ist zwar relativ klein, bietet aber dennoch einige polnische Leckereien. Wir nehmen von Allem etwas, jeweils natürlich nur ganz kleine Häppchen. Es gibt nur eines, was ich in etwas größerer Menge nehme. Eine Thunfischcreme, so denke ich. Beim ersten Bissen merke ich, dass es sich um Leberwurst handelt, und Leberwurst mag ich gar nicht. So haben wir aber den ersten richtigen Lacher des Tages schon sehr früh. Tee, Kaffee und Saft ist im Buffetpreis inklusive, der Saft allerdings eher Billignektar. Gestärkt für den Tag machen wir uns auf in unseren historisch angehauchten Tag.

Als Erstes besuchen wir eine jüdische Buchhandlung und die hohe Synagoge. Diese ist ungefähr 450 Jahre alt und wurde zweigeschossig errichtet. Im oberen Geschoss befanden sich die Gebetsräume und im Erdgeschoss Verkaufsräume, heute eben eine Buchhandlung. Die Synagoge hat im Lauf der Jahre einige Umbaumaßnahmen nach Bränden mitgemacht und wurde im Jahr 1939 geschlossen. Erst seit 2005 wird sie wieder benutzt, inzwischen aber nicht mehr als heilige Stätte sondern für Ausstellungen und Konzerte. Bei unserem Besuch finden wir eine Ausstellung mit den Lebensgeschichten einiger in Krakau heimischer jüdischer Familien, die alle deportiert wurden. Die meisten von ihnen kamen in Auschwitz ums Leben, wenige konnten ins Ausland flüchten. Wir wissen natürlich, was zur Zeit des Dritten Reichs so passiert ist, insbesondere mit jüdischer Bevölkerung, doch obwohl man auf solche Geschichten gefasst war, drücken sie die Stimmung. Das Bauwerk selbst fasziniert mit Resten von Wandbemalung, dass es eine Synagoge war ist nur dadurch zu erkennen. All die üblichen Kennzeichen findet man hier nicht mehr.

Ich war bereits in mehreren Synagogen in der Vergangenheit, Carina aber noch nicht. Damit sie auch sieht, wie eine Synagoge normalerweise aussieht, besuchen wir auch noch die Stare Synagoge („Alte Synagoge“), die nur ein paar Meter weiter liegt. Sie ist ungefähr genauso alt wie die Hohe Synagoge, aber in einem deutlich besseren Zustand. Bereits seit fast 60 Jahren befindet sich ein Museum in der Synagoge. Wir erfahren viel über den jüdischen Glauben und verschiedene Vorschriften und Bräuche. Auch hier wurden die Gegebenheiten in der Synagoge verändert, doch man kann noch erahnen, wie es hier während eines „Gottesdienstes“ aussah. Auffallend hierbei sind natürlich die Trennung in Bereiche für Männer und Bereiche für Frauen sowie die Bima, die relativ analog zum christlichen Altar zu verstehen ist.

Nach diesen beiden Besuchen ist etwas die Luft raus, es senkt sich etwas Schwermut auf uns. Wir empfinden es als unglaublich, wie viele Vorschriften es in manchen Religionen gibt, die den Alltag der Menschen so massiv beeinflussen. Und wir sind froh, aus einer Gegend zu kommen, in der sich die Menschen weitgehend von der Kirche emanzipiert haben. Glaube an sich ist auch nicht unser Problem, es ist eher die Institution Kirche. Und ich würde sagen: ganz egal welche (auch wenn ich gar nicht alle beurteilen kann, weil ich sie nicht genug kenne).

Wir wollen nun also eher wieder an der frischen Luft unterwegs sein, doch einen besonders jüdischen Spot haken wir noch ab. Auf der anderen Seite des Flusses und fußläufig erreichbar befindet sich der Ghetto Square. Es handelt sich um einen erstaunlich kleinen Platz – zumindest war er in meiner Vorstellung deutlich größer – voll mit Stuhlskulpturen. Wer nichts von der Geschichte weiß, versteht diese Skulpturen nicht, deswegen ist ein wenig Hintergrundwissen nötig. Wir befinden uns hier am Eingang zum Krakauer Ghetto, Teile der Mauer stehen heute noch. Im Dritten Reich mussten schon ab 1939 jüdische Bürger Krakaus hier hinter Mauern und Stacheldraht auf einer Fläche von 600 mal 400 Metern eingepfercht leben. Wo vorher ungefähr 3000 Menschen lebten, wurde jetzt die fünffache Menge untergebracht. Ihre Wohnungen und große Teile ihres Besitzes wurden beschlagnahmt. Retten konnten sie nur, was sie in ihren Händen mit sich tragen konnten. Hier auf dem Ghetto Square wurden haufenweise Möbel gelagert, die die Juden nicht mitnehmen konnten. Die 33 aufgestellten Skulpturen symbolisieren diese Möbel. Wir wissen die Hintergründe und sind irgendwie trotzdem nicht zufrieden. Der Platz wirkt unscheinbar und irgendwie nicht andächtig genug. Und seine Umgebung mit eher hässlichen Plattenbauten passt nicht in das Bild und die Vorstellung.

Mit der Straßenbahn fahren wir dann enttäuscht nochmal ins Zentrum, denn wir haben doch einige Dinge auf Grund des Regens noch nicht besichtigt. Und: heute scheint die Sonne! Wir entscheiden uns spontan, große Teile des gestern gelaufenen Wegs auch heute noch mal zurück zu legen und fahren bis zum Barbakan. Bis zum Besuch in Krakau dachte ich, dass einfach dieses Gebäude hier den Namen Barbakan bekommen hat. Dem ist aber nicht so. Ein Barbakan ist ein Verteidigungspunkt, der der eigentlichen Verteidigung vorgelagert ist. Einfacher erklärt: Krakaus Altstadt ist von einer Stadtmauer umgeben. Diese hat einige Tore und Türme, so dass die Innenstadt wohl gut geschützt war. An dieser einen Stelle der Stadtmauer gibt es noch eine kleine Festung, die vorgelagert außerhalb der Stadtmauer steht: der Barbakan.

    

Vom Barbakan aus laufen wir durch die Fußgängerzone wieder bis zu den Tuchhallen, nicht ohne vorher ein warmes Getränk zu genießen und noch bevor wir an den Tuchhallen ankommen, entdecken wir einen weiteren Abstecher. Krakau hat ein Wachsfigurenkabinett! Auf Carinas Wunsch gehen wir hinein und finden eine bunte Mischung aus Figuren in unterschiedlichsten Qualitäten wieder. Es gibt hier Wachsfiguren, die richtig gut sind und treffend ähnlich und echt aussehen. Und es gibt Figuren, die ich nicht erkennen würde, wenn nicht ein Name daneben stünde. Wir haben Spaß beim Fotografieren und ziehen nun wieder fröhlich gestimmt weiter.

 

 

  

Die Tuchhallen gefallen uns heute im Licht der Sonne auch deutlich besser als am Vortag. Wir schlendern auch durch die innere Passage, die voll ist mit kleinen Ladenständen. Mir gefallen die Holzeinfassungen und die bunten Auslagen, es ist jedoch sehr schwer, diese auf ein Bild zu bekommen, ohne Horden von Menschen abzulichten. An ein paar Ständen schauen wir sogar etwas intensiver, gekauft wird aber nichts. Wir verlassen die Hallen auf der anderen Seite und kommen an einen weitläufigen Platz. Hier hätte ich mir den Ghetto Square gut vorstellen können, aber hier gehört er natürlich auch nicht hin.

Was wir hier finden ist allerdings eine andere Skulptur. Es handelt sich um einen liegenden Kopf des Künstlers Igor Mitoraj, der viele ähnliche Kunstwerke erschaffen hat. Wir stellen fest, dass das Innere der Skulptur von einer italienischen Familie bevölkert wird, die tatsächlich ungefähr zwanzig Minuten braucht, bis sie in ihren Augen angemessene Erinnerungsfotos geschossen hat. Danach klettert Carina in den Kopf und ich brauche 20 Sekunden für zwei oder drei brauchbare Fotos.

Einen Punkt in der Stadt gibt es noch, den ich unbedingt gesehen haben will: die Jagiellonen Universität. Diese hat einen wunderschönen Innenhof. Und auch wenn außerhalb doch einiges an Leben ist, hier innen ist alles sehr ruhig. Am Eingang ermahnen Schilder zur Stille und die meisten Touristen halten sich auch daran. Mich erinnert der Hof eher an ein Kloster als eine Universität und ich fühle mich hier wohl. Dennoch verstehe ich nicht, warum TripAdvisor einen Aufenthalt mit einer Dauer von 2-3 Stunden hier vorschlägt.

Wir machen uns im Hotel wieder frisch und ziehen dann los für ein Abendessen. Heute soll natürlich ein uns noch unbekannter Laden in Kazimierz getestet werden, und wir haben auch schon etwas im Auge. Dort angekommen stellen wir jedoch fest, dass es von außen toll aussieht, von innen aber eher Fast Food Imbiss ist. Wir sitzen kaum, dass wir schon wieder aufstehen und gehen. Dann suchen wir einfach quer durch die Straßen und finden einen Imbiss nach dem Anderen, erst mal aber kein Restaurant. Dann bemühen wir wieder den TripAdvisor, und mit dessen HIlfe entscheiden wir uns für ein Restaurant ein paar Straßen weiter. Genau als wir dort angekommen sind, werden wir von einem netten Herrn angesprochen. In seinem Restaurant hier im Innenhof sei Platz, wir bekämen je ein Glas Hauswein umsonst und überhaupt sei es dort wunderschön. Wir lassen uns darauf ein und essen spontan im Garden Le Scandale. Dieses ist eine Mischung aus Gartenrestaurant und Cocktail Bar und hat eine ungezwungene und lockere Atmosphäre. Der Garten ist mit Zelt überdacht und ordentlich beheizt, wir frieren nicht. Unser Essen ist lecker (es gibt wie von uns ursprünglich erhofft Burger) und der Hauswein mundet ebenso wie die hausgemachten Limonaden, die wir in unterschiedlichen Sorten probieren. Unsere Spontanität war also mal wieder ein Erfolg.

Wir wollen danach noch etwas weiter ziehen und Carina sucht nach Karaoke Bars. Eine wird ganz besonders empfohlen. Wir entscheiden uns also, uns dorthin auf den Weg zu machen. Auf diesem Weg kommen wir an ein paar netten Street Art Kunstwerken vorbei. Überhaupt haben wir davon schon einige tolle in Kazimierz gesehen, und auch ein paar von etwas bekannteren Künstlern. Es ist schon dunkel und das Fotografieren der Kunst daher nicht so einfach, aber ich versuche es trotzdem. Glücklicherweise habe ich von Einigen auch tagsüber schon Aufnahmen gemacht. Nach wenigen Minuten Fußweg kommen wir im Cocktails&Songs an. Die Bar ist etwas versteckt in einem Hof, aber mit diesem Hinweis leicht zu finden. Direkt nebenan ist das „Goodbye Lenin“-Hostel, doch alles hier sieht recht dunkel und geschlossen aus. Die Bar ist aber geöffnet, auch schummrig beleuchtet. Es handelt sich um einen relativ quadratischen Raum, der aber sehr liebevoll eingerichtet und dekoriert ist. Ich fühle mich in die Zeit so rund um meinen 18. Geburtstag zurück versetzt, als ich immer die Bar einer ehemaligen Kofferfabrik besuchte, die mit Kunstwerken bestückt war. Ich fühle mich sofort wohl. Die Cocktailkarte ist klein, ich kann mich lange nicht entscheiden. Andere Getränke finde ich auf der Karte nicht, es gibt wirklich nur Cocktails. Wir werden vom Besitzer sehr zuvorkommend beraten und bedient, bekommen sofort kostenlos frisches Wasser mit Minze auf den Tisch gestellt. Ich gehe davon aus, dass man auch andere Getränke bekommen kann, wenn man nachfragt. Wir waren aber mit den Cocktails zufrieden. Leider waren wir die einzigen Gäste, was wir überhaupt nicht verstehen konnten. Bei der Bestellung des zweiten Cocktails lassen wir uns das mit dem Karakoe mal erklären. Es gibt hier einen extra Raum mit Karaoke-Gerät, den man in einer Gruppe oder auch für sich alleine mieten kann. Karaoke alleine finden wir aber witzlos, das können wir auch zuhause machen. Wir singen also doch nicht – der einzige Wermutstropfen des Abends. Nach zwei Cocktails reicht es uns und wir machen uns auf den gemütlichen Rückweg ins Hotel.

Dort buchen wir noch einen Transfer zum Flughafen, da wir schon sehr früh dort sein müssen. Zwar ist der Flughafen leicht öffentlich zu erreichen, aber um 6 Uhr morgens wollen wir nicht mit unserem Gepäck noch durch die Stadt latschen müssen. Gemütlich geht vor. Der Fahrer bringt uns schnell und sicher zum Flughafen, was uns 90 Zloty kostet, umgerechnet ca 20 Euro. Sicher hätten wir auch zum Taxistand laufen können und ein paar Euro sparen, aber da wir ansonsten recht genügsam waren, können wir uns das heute gönnen.

2 Comments

Leave A Comment